Google-Chairman Eric Schmidt nennt NSA-Praktiken „ungeheuerlich“

Google-Chairman Eric Schmidt hat die berichtete Abhörpraxis der NSA als „ungeheuerlich“ und „möglicherweise gesetzwidrig“ bezeichnet. Er reagierte damit auf einen Bericht der Washington Post, nach dem der US-Auslandsgeheimdienst auch die Glasfasernetze anzapfte, die Googles und Yahoos weltweite Rechenzentren verbinden – und so nach Belieben Nutzerdaten abgreifen konnte.

Wie frühere Enthüllungen ging dieser Bericht auf geheime Dokumente zurück, die von Whistleblower Edward Snowden enthüllt wurden. Die NSA erklärte dazu, aktuelle Presseberichte gäben Tatsachen falsch wieder. Sie habe nur in Übereinstimmung mit Gesetzen, Bestimmungen und Richtlinien gehandelt.

„Es ist wirklich ungeheuerlich, dass die National Security Agency zwischen den Rechenzentren Googles gelauscht hat, wenn das zutrifft“, sagte Schmidt gegenüber dem Wall Street Journal. „Was diese Organisation ohne jedes gute Urteilsvermögen unternimmt, um ihre Aufgabe zu erfüllen und möglicherweise die Privatsphäre der Menschen zu verletzen, das ist nicht in Ordnung.“

Google habe sich deshalb mit Beschwerden an die NSA, Präsident Barack Obama sowie Kongressmitglieder gewandt. Nach den bisherigen Informationen von Whistleblower Edward Snowden halte das Unternehmen für gut möglich, dass noch weitere Enthüllungen kommen.

Die NSA habe angeblich die Telefondaten von rund 320 Millionen Menschen erfasst, um rund 300 Personen zu ermitteln – laut Schmidt ist das nicht nur schlechte Sicherheitspolitik, sondern vielleicht auch illegal. „Ganz sicher gibt es böse Menschen, aber man muss nicht die Privatsphäre jedes einzelnen Bürgers von Amerika verletzen, um sie zu finden“, sagte er.

Eine Skizze aus von der Washington Post veröffentlichten Geheimdokumenten zeigt, dass die NSA den unverschlüsselten Datenverkehr zwischen Googles Rechenzentren abhört (Bild: Washington Post).

Noch Mitte September hatte sich der Google-Chairman auffallend zurückhaltend zur Überwachung von Internetkommunikation durch die NSA geäußert. Spionage „liegt in der Natur der Gesellschaft“, spielte er die Affäre zunächst herunter. Spionage wie Überwachung gebe es schon seit Jahren – er wolle darüber gar nicht urteilen.

Nicht nur Schmidt sah sich inzwischen veranlasst, seine Zurückhaltung aufzugeben. In der letzten Woche forderten Google und andere führende Technologiefirmen in einem offenen Brief an US-Parlamentarier eine Gesetzreform, um die Späh- und Überwachungsprogramme des US-Auslandsgeheimdienstes NSA einzudämmen. Während sie zuvor nur um mehr Transparenz baten, drängen sie jetzt die US-Politik zu einer grundsätzlichen Reform.

[mit Material von Lance Whitney, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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