Breitbandausbau: Glasfaser ist erste Wahl

Glasfaser im Boden, LTE in der Luft

Wäre eine Gemeinde-weite Internetversorgung mit dem neuen LTE-Funk anno 2012 denn schon eine echte Alternative zum FttC-Glasfaser-Kupfer-Kabel-Ausbau? Immerhin verspricht der LTE-Funk doch ebenfalls zackige Datenraten bis 100 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload?

Tatsächlich konnte ZDNet im Sitzungssaal des Rathauses zu Langerringen im September 2012 Datenraten via LTE bis 45 MBit/s im Download und bis 15 MBit/s im Upload bei Pingzeiten von 35 Millisekunden auf einem schnellen LTE-Laptop der Marke Sony Vaio S13A messen. Allerdings strahlt die LTE-Antenne der Telekom aus optimaler Entfernung von circa 400 Metern quasi direkt auf den LTE-Laptop im Rathaus. Im Notebook steckt zudem eine SIM-Karte mit dem teuersten LTE-Tarif von circa 70 Euro pro Monat. Die LTE-Geschwindigkeit wird außerdem nach 30 GB Verbrauchsvolumen pro Monat stark herunter gedrosselt, und zwar auf ISDN-Niveau.

Diese mobile Funk-Lösung der Telekom eignet sich zwar für mobile Mitarbeiter in den bereits versorgten Gebieten, wäre aber für viele stationäre Einsätze bei Firmen und Familien schlichtweg zu teuer und vom monatlichen Verbrauchsvolumen stark limitiert. Außerdem müssen sich bei LTE alle User einer Funkzelle die insgesamt verfügbare Bandbreite teilen. In Stoßzeiten kann es im LTE-Netz daher zu Engpässen kommen, was durch Messungen an verkaufsstarken Samstagen in der überfüllten Münchener Innenstadt mit dem neuen iPhone 5 mehrmals bestätigt wurde. So schnell und so stabil wie aus der Glasfaser kommt das Internet eben aus keinem anderen Träger-Medium, schon gar nicht aus einem Funkmedium. Deshalb sind ja die meisten LTE-Basisstationen auch ihrerseits selber an ein sehr schnelles Glasfasernetz angeschlossen.

ZDNet hat den Internet-Durchsatz im Rathaus zu Langerringen sowohl aus der hybriden Glasfaser-Kupfer-Infrastruktur als auch aus der Mobilfunk-Luft stichprobenhaft mit einem schnellen LTE-Laptop (Sony Vaio S13A) ermittelt. Extrem stabile 51 MBit/s aus dem VDSL-Kabel und flotte 45 MBit/s aus der LTE-Luft sind für eine ländliche Region absolute Ausnahmewerte (Foto: Roswitha Model).

LTE von Vodafone gibt es in Langerringen im September 2012 noch nicht. Es gibt jedoch Gerüchte, dass Vodafone im Nachbarort Hiltenfingen eine Basisstation für LTE in Planung hat, die dann vermutlich auch größere Teilflächen von Langerringen bald versorgen dürfte. Allerdings ist auch bei Vodafone der bundesweit mobile 50-MBit/s-Tarif für LTE erheblich teurer als etwa der stationäre 50-MBit/s-Tarif von M-net in Langerringen.

Das Beste aus beiden Welten

Insofern ist LTE schon aus Kostengründen keine Rundum-Lösung für wirklich alle interessierten Firmen und Familien vor Ort. Außerdem sprechen die schieren Leistungsreserven der Glasfaser zugunsten einer festnetzbasierten Grundversorgung. Die Gemeinde muss bei solchen Infrastrukturmaßnahmen ja an alle Bürger denken – und nicht nur an die Bestgestellten. Wer sich aber zwei Internetanschlüsse gleichzeitig leisten will, sprich mobiles LTE aus der Luft und stationäres Internet aus der hybriden Glasfaser-Kupfer-Infrastruktur, der kann rund um Langerringen seit kurzem aus beiden Welten das Beste genießen.

LTE im Gemeinderat diskutiert

Tatsächlich wurde LTE auch schon am 31. März 2010 beim Beschluss des Gemeinderates zum Breitbandausbau als denkbare Internet-Versorgungs-Alternative zwar in der Beratung diskutiert, letztendlich aber nicht in das Konzept einbezogen, da noch keine Erfahrungswerte vorhanden waren. Das war im März 2010 auch gar nicht möglich, denn erst im Frühling 2010 wurden in Deutschland die LTE-Frequenzen versteigert. Damals konnte noch niemand sagen, ob und wann genau welcher LTE-Provider in welcher Ortschaft welche LTE-Geschwindigkeit mit welcher Qualität und Zuverlässigkeit zu welchem Preis einmal anbieten würde. Erst 2011 hat der LTE-Rollout in den ländlichen Gebieten nennenswert begonnen. Seit 2012 werden auch die ersten großen Städte in Deutschland mit LTE versorgt.

Je näher am Knoten, desto schneller

Eines hat der LTE-Funk gemeinsam mit den hybriden FttC-Glasfaser-Kupfer-Netzen: Je weiter der Internet-Verbraucher vom Verteiler-Knoten, also von der LTE-Basis-Stations-Antenne oder vom grauen FttC-Glasfaser-Kupfer-Umsetzer-Kasten, entfernt ist, desto weniger Netto-Speed kommt in der Regel auf dem Internet-Endgerät an.

Im Serverraum des Rathauses zu Langerringen ist die Anbindung optimal, im Bürogebäude der RLB Rohrleitungsbau Bischof GmbH ebenso: Diese beiden Standorte sind nur wenige hundert Meter von einem grauen KVz-Verteiler-Kasten entfernt und profitieren dadurch von hohen Durchsatzraten mit bis zu 51 MBit/s.

Führt man die Glasfaser bis ins private Heim hinein, dann gibt es fast keine entfernungs-abhängigen Speed-Verluste. Doch so ein FttH-Rollout ist, wie gesagt, in aller Regel schier unbezahlbar, vor allen Dingen auf dem nicht so dicht besiedelten Land.

Ausblick: Glasfaserstrategie bis 2017

Dank FaceBook, YouTube, Cloud Computing und Konsorten wächst der Bandbreitenhunger munter weiter. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil macht sich Sorgen, dass „die Breitbandziele des Bundes (mindestens 50 Mbit/s für 75 Prozent der Haushalte bis 2014, flächendeckend bis 2018) verfehlt werden“.

In der „Bilanz des Bayerischen Breitbandförderprogramms 2008 bis 2011“, Seite 39, werden sechs Eckpunkte für die weitere Glasfaserstrategie in Bayern vorgestellt:

  • Weiteres Hinwirken auf den Bund, dass dieser seine verfassungsrechtliche Verantwortung für den Glasfaserausbau wahrnimmt
  • Verbesserung der Finanzierungsinstrumente für Unternehmen und Kommunen in Zusammenarbeit mit der LfA Förderbank Bayern
  • Erschließung von Synergien durch einen bayernweiten Grabungsatlas, der geplante Baustellen in Gemeinden erfasst und für Telekommunikations-Netzbetreiber zugänglich macht
  • Verstärkte Einbindung von Energieversorgern und Infrastrukturunternehmen in den Breitbandausbau
  • Einstieg in ein Hochgeschwindigkeitsförderprogramm für Gewerbe- und Kumulationsgebiete
  • Einrichtung einer Breitbandagentur zur Unterstützung der Kommunen

Das alte Breitbandprogramm mit Fördersummen bis zu 100.000 Euro pro Gemeinde ist Ende 2011 ausgelaufen. Ein neues Förderprogramm soll Internet-Anschlüsse künftig nur noch ab 50 MBit/s aufwärts fördern. Dafür sind die Zuschüsse pro Gemeinde mit bis zu 500.000 Euro aber deutlich höher. Das neue Programm soll bis zum 31. Dezember 2017 laufen. Der Entwurf der neuen Förderrichtlinie des Freistaats Bayern wurde laut einer Sprecherin des Wirtschaftsministeriums auf Basis der geltenden Breitbandleitlinien der EU-KOM erstellt und der Behörde zur Genehmigung zugeleitet. Die Staatsregierung geht davon aus, dass im Herbst 2012 grünes Licht aus Brüssel kommt und das neue Förder-Programm wie geplant starten kann.

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ZDNet.de Redaktion

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