Breitbandausbau: Glasfaser ist erste Wahl

Auswahl-Marathon jenseits der Telekom-Angebote

Die Deutsche Telekom AG hatte offenbar kein Interesse, einen zukunftsfähigen Vorschlag zu unterbreiten und sich am Auswahlverfahren zu beteiligen. Also musste der Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Langerringen, Verwaltungsfachwirt Franz Wilhelm, den Markt nach anderweitigen Alternativen absuchen.

Am Ende schafften es fünf Firmen in das so genannte Markterkundungs- und Auswahlverfahren: Sie schlugen der Gemeinde vier unterschiedliche Lösungskonzepte vor:

  • Breitband via WLAN-Ortsverteiler
  • Komplettausbau mit VDSL-DSLAMs
  • Symmetrische G.SHDSL-Versorgung über gebündelte Kupferleitungen
  • Hybride Glasfaser-Kupfer-Infrastruktur der Gattung Fiber-to-the-Curb

Breitband via WLAN-Ortsverteiler

Zwei Anbieter versprachen eine Internet-Versorgung auf WLAN-Basis. Dazu hätten sie mehrere WLAN-Ortsverteiler in Langerringen installiert. Der erste WLAN-Anbieter versprach die komplette Infrastruktur ohne Zuzahlung der Gemeinde. Beim zweiten Angebot hätte die Gemeinde bei einer 2-4 MBit/s-Zuleitung 140.610 Euro, bei einer 10 MBit/s-Zuleitung 170.886 Euro zahlen müssen. Die geforderte Mindest-Bandbreite von 6 MBit/s für erhöhten Firmenbedarf wurde aber nicht garantiert. Der Ausbauumfang, die Standorte der WLAN-Verteiler und die Funkabdeckung waren bei keinem der beiden WLAN-Anbieter näher beschrieben. Das Angebot war somit zu unbestimmt und schied aufgrund der Bewertungspunkte „Technisches Konzept und Versorgungsgrad“ aus.

Komplettausbau mit VDSL-DSLAMs

Der dritte Anbieter versprach einen Komplettausbau des Gemeindegebiets mit VDSL-DSLAMs. Im Prinzip wäre damit eine flächendeckende und zukunftstaugliche Breitbandversorgung mit bis zu 25 MBit/s und der Upgradeoption auf 50 MBit/s möglich. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ausreichend Bandbreite eingespeist wird, was der Gemeinde nicht überzeugend versichert werden konnte. Das Betriebs- und Service-Konzept versprach Fernwartung in Zusammenarbeit mit örtlichen Servicedienstleistern. Das Angebot hätte mit 474.375 Euro die zweithöchste Zuzahlung der Gemeinde erfordert. Die monatlichen Endkundenpreise lagen 2010 gleichauf mit den Preisen von LEW TelNet und M-net. Die Einmalentgelte waren jedoch um 50 Euro pro Nutzer höher. Ein Router sollte nur gegen Zuzahlung von circa 100 Euro an die Internet-Nutzer abgegeben werden. Bei einer angenommenen Nutzerquote von 40% errechneten sich dadurch Zusatzkosten von circa 25.000 Euro. In der Gesamtbetrachtung ergab sich somit ein Preisvorteil zugunsten von LEW TelNet und M-net (siehe unten).

Symmetrische G.SHDSL-Versorgung über gebündelte Kupferleitungen

Der vierte Anbieter versprach eine flächendeckende Versorgung des Gemeindegebiets unter Nutzung der vorhandenen Telefonleitungen (TAL) der Telekom: Mit dem Ausbau von drei Hauptverteilern (HVt) und der G.SHDSL-Technik sollte zunächst eine Grundversorgung über 1 MBit/s im gesamten Gemeindegebiet erreicht werden.

Der erhöhte Bandbreitenbedarf von 6 MBit/s sollte mit der Errichtung je eines Schaltverteilers (SV) mit Outdoor-DSLAM gedeckt werden. Dabei wird Bandbreite über gebündelte Kupferleitungen zu den Schaltverteilern geführt und über die Kupferkabel zu den Endkunden verteilt. Je ein Schaltverteiler war in Langerringen und Gennach vorgesehen. Für Schwabmühlhausen war kein Schaltverteiler geplant.

Ein Schaltverteiler kann immer nur an der Hauptkabelzuführung am Ortseingang errichtet werden. Da aber in Langerringen vier Hauptkabelzuführungen vorhanden sind, hätte man entsprechend vier SVs aufbauen müssen, um alle Haushalte zu versorgen. In Gennach hätte ein SV gereicht. In Schwabmühlhausen wären zwei SVs erforderlich gewesen. Dort wäre aber ein SV aus regulatorischen Gründen fraglich gewesen, da dort bereits Bandbreiten teils über 1 MBit/s verfügbar waren. Somit hätte man mit der angebotenen Lösung allenfalls in Gennach den erhöhten Bedarf von 6 MBit/s decken können, nicht aber in Langerringen und Schwabmühlhausen. Die Lösung klang im Prinzip zwar interessant, hatte in der praktischen Umsetzung für die Gemeinde aber zu viele Unwägbarkeiten:

  • Durch die unterschiedliche Qualität der Telefonleitungen vom HVt zu den Endkunden konnte keine Mindestbandbreite für alle Haushalte garantiert werden.
  • Bei der eingesetzten SDSL-Technik kann aufgrund der Trennungsbedingungen nicht jede Kupferdoppelader beschaltet werden. Somit hätte der Anbieter bei einem denkbaren Adermangel nicht garantieren können, dass wirklich alle gewünschten Breitbandanschlüsse realisierbar sind.
  • Mit der Schaltverteilerlösung versprach der Anbieter zwar, den erhöhten Bedarf von 6 bis 20 MBit/s in den Ortsteilen abzudecken. Dabei hätte man die Bandbreitenzuführung zu den geplanten Schaltverteilern über gebündelte Kupferleitungen bedient. Hierzu hätte man aber mehrere Kupferdoppeladern vom HVt zum Schaltverteiler anmieten und bündeln müssen. Genau diese Nutzung der Doppeladern der Telekom ist aber offenbar nicht reguliert. Somit hätte man höchst wahrscheinlich keinen rechtlichen Anspruch auf die gebündelten Doppeladern zum Schaltverteiler geltend machen können. Der Anbieter konnte bis zum Abschluss des Auswahlverfahrens offenbar auch keinen konkreten Nachweis erbringen, dass diese Lösung im echten Leben realisierbar ist.
  • Durch die vorgeschlagene Art der Leistungsbündelung kann in der Regel nur eine begrenzte Bandbreite von 6 bis 20 MBit/s übertragen werden, die am Schaltverteiler auf viele Nutzer verteilt wird. In Sonderfällen hätte man die Bandbreite zwar über alternative Medien wie etwa Glasfaser zuführen können. Dafür wären dann aber gesonderte Kosten in erheblicher Höhe auf die Gemeinde zugekommen.

Das Basis-Angebot dieses Anbieters sah zwar eine vergleichsweise geringe Zuzahlung der Gemeinde von 151.000 Euro vor. Es versprach auch eine Gesamtversorgung unter Ausnutzung der vorhandenen Kupferkabel, allerdings nur bis zu 1 MBit/s. Den erhöhten Bandbreitenbedarf von 6 bis 10 MBit/s hätte man mit der geplanten SV-Lösung aber nicht zweifelsfrei decken können.

Da es für diese Lösung zudem auch keine gemeindeweiten Pilotprojekte gab, verblieb ein zu hohes Realisierungs- und Funktionsrisiko, für das keine belastbare Wertung vorgenommen werden konnte. Das Angebot konnte die definierten Ausschreibungsanforderungen somit nicht erfüllen.

Glasfaser-Kupfer-Infrastruktur: Fiber-to-the-Curb

Den Zuschlag erhielt schlussendlich das gemeinsame Angebot der LEW TelNet GmbH und der M-net Telekommunikations GmbH. Es versprach eine flächendeckende Breitbandversorgung mit 25 MBit/s, sowie mit 50 MBit/s im Nahbereich der VDSL-DSLAMs.

Das Internet sollte zu diesem Zwecke über Glasfaser mit 1 GBit/s bis an die grauen Kabelverzweiger (KVz) heran geführt werden. In den Ortsteilen sollten jeweils ein oder mehrere zentrale KVz-Punkte mit VDSL2-DSLAMs ausgebaut und die restlichen KVz über neue Kupferkabel nachgeschaltet werden. Die verbleibende Länge der Kupferkabel läge damit überwiegend unter 600 Metern, sodass die geforderte Mindestbandbreite von 6 MBit/s in allen Ortsteilen bestens bei allen Verbrauchern ankommen kann.

Dieses Glasfaser-Kupfer-Kabel-Konzept (FttC, Erklärung siehe oben) ließ volle Verfügbarkeit der Bandbreite auch bei hoher Netzlast in Langerringen erwarten. Da die neuen Kupferkabel auch gleich in neuen Leerrohren verlegt werden sollten, wäre ein späterer Glasfaserausbau sogar bis in die einzelnen Gebäude hinein (also FttB, siehe oben) ohne große Zusatzkosten möglich.

Das Angebot sah zunächst LEW TelNet für den Aufbau der Glas-Kupfer-Infrastruktur und danach M-net als Netzbetreiber und Serviceanbieter vor. Die monatlichen Endkundenpreise von M-net lagen im Angebot gleichauf mit den Preisen des dritten Anbieters (Komplettausbau mit VDSL-DSLAMs), die Einmalentgelte pro Nutzer waren aber um 50 Euro günstiger. Zudem war im Bereitstellungspreis von M-net bereits ein WLAN-ISDN-Router enthalten.

Für den Endkunden gestaltet sich der Carrierwechsel zu M-net einfacher, da M-net-Leistungen auch schon zum Zeitpunkt der Ausschreibung in der Gemeinde Langerringen verfügbar waren. So könne jederzeit ein Telefoniewechsel mit Rufnummernportierung vorgenommen und der DSL-Wechsel später zugebucht werden, ohne dass der Zwischenschritt über teure Kurzzeitverträge gemacht werden muss.

Das Angebot von LEW TelNet und M-net verlangte zwar die höchste Zuzahlung von 493.500,- Euro, erschien den Entscheidern in der Gemeinde aber als besonders zukunftstauglich. Im Detail beeindruckte die hohe Zuführungsbandbreite von 1 GBit/s, der VDSL2-Ausbau, die flächendeckend buchbaren Bandbreiten von 25 MBit/s, die Bandbreite von 50 MBit/s im DSLAM-Nahbereich, das Betriebs- und Service-Konzept sowie die Leistungsfähigkeit in Kooperation mit M-net als Serviceanbieter. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte schien es auch das wirtschaftlichste Konzept zu sein.

500.000 Euro für 50 MBit/s via VDSL

Das Angebot von LEW TelNet und M-net trug den Sieg davon: Am 31. März 2010 beschloss die Gemeinde Langerringen einstimmig, „die Verbesserung der Breitbandversorgung im gesamten bebauten Ortsgebiet, das heißt in den Ortsteilen Langerringen, Westerringen, Gennach und Schwabmühlhausen, durch den Aufbau einer neu zu verlegenden Glasfaser- und Kupferkabelinfrastruktur“. Der Erste Bürgermeister von Langerringen, Konrad Dobler, wurde am 31. März 2010 beauftragt und ermächtigt, die entsprechenden Verträge und Vereinbarungen mit der LEW TelNet zur Breitbanderschließung abzuschließen. Die Verwaltung wurde am 31. März 2010 beauftragt, umgehend einen Förderantrag bei der Regierung von Schwaben zum Zwecke der Errichtung einer Glasfaser- und Kupferinfrastruktur vorzulegen.

100.000 Euro Zuschuss für den Breitbandausbau

Für diese Infrastruktur musste die Gemeinde Langerringen zunächst 493.500 Euro aufbringen. Allerdings konnte die Regierung von Schwaben per Bescheid vom 1. September 2011 die maximale Fördersumme von 100.000 Euro an Mitteln aus dem Konjunkturpaket II für Investitionsmaßnahmen zur Breitband-Erschließung zuschießen. Langerringen musste am Ende also knapp 400.000 Euro aus eigenen Mitteln für eine hochmoderne Internet-Infrastruktur aufbringen. An den für das neue Netz notwendigen Investitionen haben die beiden Unternehmen laut Auskunft dennoch einen Löwenanteil beigesteuert. Der Breitband-Ausbau begann im Sommer 2010 und war im Sommer 2011 abgeschlossen.

Rechts steht schon seit Jahrzehnten der Kupfer-Kabelverzweiger (KVz) der Deutschen Telekom für Telefonie, T-ISDN und T-DSL bis maximal 2 MBit/s. In der Mitte steht seit 2011 ein sehr moderner Multifunktions-KVz mit drei Türen. Hier kommt das Internet per Laserstrahl mit Gigabit-Speed in der Glasfaser an und wird auf Kupferkabeln in VDSL-50-Technik bis in die einzelnen Häuserkeller weiter geleitet. Der schmale Kasten ganz links dient der Stromversorgung (Foto: Roswitha Model).

Hier hat ein Anwohner den hellgrauen KVz sehr fantasievoll mit Blumen verdeckt und verschönert. In den verschiedenen Ortsteilen von Langerringen stehen insgesamt vier neue Glas-Kupfer-KVz. In der Nachbar-Gemeinde Hiltenfingen stehen drei weitere. Seit Sommer 2011 kommt das Internet der Münchner M-net dank dieser Infrastruktur nun per Laserstrahl aufs flache Land. Rechts neben dem KVz steht der Verwaltungsfachwirt Franz Wilhelm. Als Breitband-Pate hat er den High-Speed-Internet-Ausbau der vormals unterversorgten Gemeinden gemanagt (Foto: Harald Karcher).

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ZDNet.de Redaktion

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