Apple verzichtet freiwillig auf das Umweltsiegel von EPEAT

Apple steigt aus dem Öko-Zertifizierungsprogramm EPEAT aus, mit dem es bisher intensiv geworben hatte. Es verzichtet nicht nur auf die Zertifizierung neuer Geräte, sondern nimmt seine bisher zertifizierten 39 Notebooks, Monitore und Desktoprechner aus der Liste grüner Produkte. Der Hersteller riskiert damit seine Marktanteile im Erziehungswesen sowie ein Beschaffungsverbot bei Behörden.

EPEAT wurde mit Mitteln der US-Umweltbehörde EPA geschaffen und bezeichnet sich als „das führende weltweite Umweltbewertungssystem für elektronische Produkte, das Käufern aus Umweltsicht zu bevorzugende Angebote vermittelt und Herstellern nützt, die Verantwortung für die Umwelt sowie Innovation beweisen“. Von Apple erfuhr die Standardisierungsorganisation nur, seine Design-Ausrichtung sei nicht mehr in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Öko-Zertifizierungsprogramms. „Es war ein wichtiger Unterstützer“, bedauerte EPEAT-Chef Robert Frisbee gegenüber dem CIO Journal. „Wir sind enttäuscht, dass es seine Produkte nicht mehr an diesem Standard messen lassen will.“


Apple durfte den iMac mit „EPEAT Gold“ als besonders umweltfreundlich bewerben (Screenshot: Edward Moyer / News.com).

US-Bundesbehörden sind bei Elektronik gehalten, zu 95 Prozent von EPEAT als umweltfreundlich zertifizierte Produkte zu kaufen. Auch große Unternehmen erwarten von ihren CIOs, Produkte mit dem Umweltsiegel zu bevorzugen. Besonders ausgeprägt ist diese Vorgabe im Erziehungswesen. Allein mit ihm erzielt Apple noch immer geschätzte 10 bis 15 Prozent seiner Umsätze, die es zu verlieren riskiert.

Apples Design-Entscheidung, die eine Öko-Zertifizierung nicht mehr zulässt, wurde im Juni beim neuen MacBook Pro mit „Retina-Display“ deutlich. Als die Reparaturspezialisten von iFixit es zerlegten, fiel ihnen nicht nur das fehlende Umweltlabel auf. Sie erlebten vielmehr erhebliche neue Hürden, als sie das Gerät öffneten und seine Komponenten zu trennen versuchten. Den Akku hatte Apple verklebt und nicht mehr wie zuvor verschraubt, so dass er sich nicht unbeschädigt lösen ließ. Darüber hinaus war das Display mit dem Glas verschmolzen und das RAM mit dem Logic Board verschweißt.

In einem Beitrag für Wired nannte iFixit-Chef Kyle Wiens das MacBook Pro Retina „unreparierbar, unhackbar, unhaltbar“. Von allen bislang zerlegten Notebooks sei es am wenigsten reparaturfreundlich und für Upgrades geeignet. Von seinen Freunden in der Recyclingbranche hatte er erfahren, dass Aluminium nicht mehr recyclebar ist, wenn es wie bei diesem Gerät und dem aktuellen iPad mit Glas verklebt ist.

Den Trend zu immer noch dünneren und leichteren Geräten hat Apple laut Wiens so weit vorangetrieben, dass die für Öko-Zertifizierung und Recycling unerlässliche Demontage nicht mehr gewährleistet ist. Er befürchtet durch diesen Designtrend ernsthafte Folgen für Verbraucher, Umwelt und die gesamte Technologiebranche: „Mit seiner Entscheidung, sich trotz der Kosten vom grundlegendsten aller Öko-Standards zu verabschieden, setzt Apple auf Design statt Umwelt.“

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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