Level 3 wirft Comcast Verletzung der Netzneutralität vor

Level 3 Communications, einer der etwa ein Dutzend weltweiten Tier-1-Provider, hat dem amerikanischen Kabelanbieter Comcast vorgeworfen, die Netzneutralität zu verletzen. Comcast habe am 19. November erstmalig eine Gebühr für die Übertragung von Online-Filmen und anderen Inhalten verlangt.

Damit habe Comcast faktisch eine Mautstation an den Grenzen seines Netzwerks errichtet, die es dem Provider ermögliche, einseitig Gebühren für Inhalte festzusetzen, die mit dem eigenen Kabelfernseh- und Xfinity-Angebot konkurrierten, so Thomas Stortz, Chef der Rechtsabteilung von Comcast.

Da Comcast klargestellt habe, dass es sich um ein „Take-it-or-leave-it-Angebot“ handele, habe Level 3 die Bedingungen am 22. November unter Protest akzeptiert um zu verhindern, dass es bei Kunden zu Ausfällen kommt.

Level 3 sei der Auffassung, dass Comcasts derzeitige Haltung nicht nur dem Geist und dem Wortlaut der von der FCC vorgeschlagenen Internet-Richtlinien widerspricht, sondern auch Comcasts früheren öffentlichen Beteuerungen zu einem offenen Internet.

Comcast sieht das allerdings anders. Senior Vice President Joe Waz schreibt in einem Blogbeitrag, dass die Diskussion nichts mit dem Wunsch von Level 3 zu tun habe, verschiedene Arten von Netzwerk-Traffic zu verteilen.

Der Streit ginge vor allem um die Menge des Traffics aus dem Content-Delivery-Netzwerk (CDN) von Level 3. Level 3 verlange bei einem Traffic-Verhältnis von 5 zu 1, dass Comcast bereit sei, einem Peering ohne finanziellen Ausgleich zuzustimmen. Würde ein anderer Peering-Partner fünfmal soviel Traffic in das Netz von Level 3 leiten, wie er zu akzeptieren bereit sei, verlange Level 3 ebenfalls eine monetäre Abgeltung. Comcast habe Level 3 dieselben Bedingungen wie anderen Anbietern von CDNs angeboten.

Hintergrund des Streits dürfte sein, dass die Online-Videothek Netflix ab 2011 nicht mehr Akamai, sondern Level 3 als CDN-Provider nutzt. Es geht daher weniger darum, ob bestimmter Traffic bevorzugt behandelt wird, sondern darum, wer dafür bezahlt.

Aus Kundensicht bedeutet das langfristig: Wenn Comcast den Level-3-Traffic kostenlos durchlässt, muss es die Kosten auf alle seine Kunden umlegen, sprich den Internet-Zugang verteuern. Falls Level 3 zahlt, werden die Kosten an Netflix weitergegeben, das wiederum die Preise für Online-Videos erhöhen muss. Im ersten Fall zahlen langfristig alle Comcast-Kunden mehr, egal ob sie die Netflix-Dienste nutzen. Im zweiten Fall steigen die Kosten für alle Netflix-Videothek-Kunden, unabhängig davon, ob sie Comcast als Internet-Zugangsanbieter gewählt haben.

Sebastian von Bomhard, Vorstand des Providers Spacenet, ist der Ansicht, dass beim Thema Netzneutralität die Kapazitätsdiskussion eine Scheindiskussion ist: Kapazitätsengpässe rechtfertigten keinen Eingriff in Dienste Dritter. Im Video-Interview mit ZDNet begründet von Bomhard seine Ansichten und Argumente.

ZDNet.de Redaktion

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