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Léo Apotheker als neuer HP-Chef vor Mammutaufgaben


Léo Apotheker tritt am 1. November seinen neuen Posten als HP-CEO an (Bild: DASG).

Mit dem gebürtigen Aachener Léo Apotheker als neuem Chef bei Hewlett-Packard hatte niemand gerechnet. Er stand auf keiner Liste möglicher Kandidaten, die in den vergangen Wochen bei den Analysten kursierten. Vielmehr deuteten die jüngsten Gerüchte eher auf einen Insider als Nachfolger von Mark Hurd. Doch Todd Bradley (Personal Systems Group), Ann Livermore (Enterprise Business) und David Donatelli (Server, Speicher, Networking) kamen nicht zum Zug: Zum dritten Mal in Folge wurde die Aufgabe, den umsatzstärksten IT-Konzern zu leiten, einem von außen kommenden Manager übertragen.

Dass die Insider nicht berücksichtigt wurden, ist nicht verwunderlich. Keiner von ihnen bot sich durch Leistung oder Karriere für den schwierigen Job in der Chefetage an der Hanover Street in Palo Alto an. Doch Gleiches gilt für den ehemaligen SAP-Chef Léo Apotheker (57), der in Walldorf erst im Februar gefeuert wurde. Bereits am 1. November soll er die Verantwortung bei HP übernehmen.

Apotheker arbeitete rund 20 Jahre lang für SAP, davon acht Jahre auf Vorstandsebene. Der in Paris lebende Manager hatte seine akademischen Meriten an der Hebräischen Universität in Jerusalem erworben. Er spricht fünf Sprachen (Deutsch, Englisch, Niederländisch, Französisch und Hebräisch) und hat eine starke Neigung zum französischen Kulturraum. Seine Stärken liegen im Bereich der Pflege internationaler Kundenbeziehungen.

Ist das wirklich das Holz, aus dem ein HP-Chef geschnitzt sein soll? Wohl kaum! Im eher kosmopolitischen Palo Alto ist es zwar nicht schlecht, kulturell so international aufgestellt zu sein, doch nicht unbedingt als Firmenchef. Aus Business-Sicht war da der gebürtige New Yorker Mark Hurd weitaus besser geeignet. Doch der arbeitet nun zusammen mit Oracle-Chef Larry Ellison. Apotheker dagegen war zwar bei SAP auch einmal für die Region Nordamerika verantwortlich, hat aber nie länger in den Vereinigten Staaten gelebt.

Als Motiv für die Berufung des aus Deutschland kommenden Léo Apotheker sieht die US-Presse in einer ersten Reaktion HPs Probleme mit den zwei Bereichen Software und Services. Hier leidet der Umsatz-Primus der IT-Branche trotz zahlreichen, sehr teuren Übernahmen, im Vergleich zu seinen vorrangigen Mitbewerbern Oracle/Sun und IBM immer noch an starken Defiziten. Mark Hurd war es durch strategische Übernahmen, etwa von EDS, gelungen, aufzuholen. Einen der Wettbewerber zu überholen, hat aber auch er nicht geschafft.

Nun soll der vermeintliche Software-Mann Léo Apotheker in diesen Bereichen HP konkurrenzfähig machen. Das wird eine schwere Aufgabe. Erstens muss sich zeigen, ob der in seiner kurzen Zeit als SAP-Lenker nicht gerade durch visionäres Auftreten aufgefallene Apotheker von seiner fachlichen Orientierung dafür geeignet ist. Zweitens wird er in den USA als Deutscher wahrgenommen, was es ihm noch einmal schwerer machen dürfte, sich an der Spitze einer US-Firma durchzusetzten. Drittens muss sich Apotheker nicht nur innerhalb des Unternehmens Anerkennung verschaffen, sondern sich auch auf dem US-Branchenparkett bewähren.

Viertens mangelt es Apotheker an Erfahrung mit Hardware, die man als HP-Chef aber eben auch braucht und die Mark Hurd aus seiner NCR-Zeit hatte. Fünftens hat HP die Messlatte für seinen neuen Chef durch die gestern abgegebenen, äußerst positiven Prognosen sehr hoch gelegt. Und Sechstens kommt Apotheker in einer Zeit zu HP, in der sich der Konzern grundlegend neu orientieren muss: Bisher war immer IBM der erklärte und bekannte Gegner, in den vergangenen Monaten sind Cisco und Oracle dazugekommen.

Mit beiden lebte HP zuvor in einer sogenannten Co-Opetition, inzwischen wurde daraus offene Feindschaft – und die beiden sind als straff geführte und finanziell erfolgreiche Firmen mit gut gefüllter Kriegskasse nicht zu unterschätzen. Zweifel, ob Apotheker vor diesem Hintergrund die richtige Wahl ist, sind also erlaubt.

Anders verhält es sich bei Ray Lane (63), der Chairman des Verwaltungsrats von HP wird. Der bislang eher im Hintergrund agierende Manager war lange Zeit die rechte Hand von Larry Ellison. Mit seiner besonnenen und kompetenten Art stellte er bei Oracle ein Gegengewicht zum impulsiven Firmenmitgründer Ellison dar. Zuletzt war Lane Managing Partner beim Wagniskapitalisten Kleiner, Perkins, Caufield & Byers in Menlo Park.

ZDNet.de Redaktion

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