Projektstillstand: Was tun, wenn nichts mehr geht

Stillstände oder Schieflagen bei Projekten erfordern schnelles und kompetentes Handeln. Andernfalls besteht die Gefahr der Eskalation von Konflikten. Und eigentlich möchte niemand den Streit bis vor Gericht tragen.

Solche Schieflagen entstehen häufig durch unterschiedliche Rechtsauffassungen über die jeweiligen Pflichten aus den Verträgen. Daher geht es auch bei gutem Willen aller Beteiligten meist nicht ohne externe rechtliche Expertise. Oft stimmt die „gefühlte“ Rechtsposition nicht mit der tatsächlichen Situation überein. Hauptaufgabe eines Anwaltes ist es, die Ursachen für die Schieflage herauszuarbeiten, eine juristische Standortbestimmung vorzunehmen und gemeinsam mit dem Mandanten eine Sanierungsstrategie zu entwickeln.

Dafür muss der Anwalt zunächst zügig alle Verträge, Protokolle und den gesamten Schriftverkehr der Projektparteien sichten. Danach sind Gespräche mit den Projektmitarbeitern des Mandanten zu führen, um auch die nicht schriftlich dokumentierten Fakten zu ermitteln. Im Anschluss daran gilt es, eine passende Eskalationsstrategie zu entwickeln. Ziel dabei ist es, die Gegenseite wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.

Die juristische Ausgangslage richtig einschätzen

Gesprächsbereitschaft erzielt man aber nur mit Forderungen, die die eigene juristische Ausgangslage angemessen berücksichtigen. Hierzu ist neben dem eigentlichen Fachwissen viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung notwendig. Schließlich möchte niemand die Gegenseite mit überzogenen Forderungen vor den Kopf stoßen. Andererseits muss der Gegenseite klar werden, dass ihr erhebliche rechtliche Nachteile drohen, nähme sie das Gesprächsangebot nicht an.

Im Fall des Softwareanbieters ergab die Analyse, dass das Management des Systemhauses offensichtlich unvollständige Informationen über den Projektstatus hatte. Außerdem schätzte sie die eigene juristische Ausgangssituation günstiger ein, als sie nach Lage der Verträge und aller sonstigen Fakten tatsächlich war. Die Strategie der Anwälte des Softwareanbieters bestand daher darin, in einem Schreiben an die Geschäftsleitung des Systemhauses an konkreten Beispielen leicht nachvollziehbar darzulegen, wo Defizite in der Kenntnis des Sachverhalts und unzutreffende juristische Einschätzungen zu falschen Schlussfolgerungen und juristisch unzutreffenden Forderungen geführt hatten.

Verständliche Sprache statt Fachchinesisch

Wichtig ist, dass Sprache und Darstellungsweise auch für Kaufleute verständlich sind und nicht dem üblichen Anwaltsjargon entsprechen. Ferner wurde in dem Schreiben die weitere Arbeit an den geforderten Funktionalitäten davon abhängig gemacht, dass in einem gemeinsamen Gespräch auf Entscheiderebene Einigung über die strittigen Punkte erzielt würde, da eine juristische Verpflichtung des Softwareanbieters zur Realisierung nicht bestehe. Auf Grund der im Schreiben herausgearbeiteten juristischen Problemzonen des Systemhauses nahm dieses nach Beratung mit seinen Anwälten das Gesprächsangebot an.

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ZDNet.de Redaktion

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