Categories: Unternehmen

Alzheimer-IT: Pervasive Computing

So tagte kürzlich in München ein Wissenschaftskongress zum Thema Pervasive Computing, bei dem sich ein Großteil der Vorträge mit der Lebenssituation alter und kranker Menschen befasste. Es gehe darum, diesen Menschen möglichst lange ein würdiges Leben in ihrer Privatsphäre zu ermöglichen, so das Argument. Technisch soll das mit Hilfe von Sensoren geschehen, die jede Lebensregung der Senioren registrieren und interpretieren: Mikrophone sollen erfassen, wie lange die Probanden sich im Bad aufhalten, ob sie ausgiebig genug urinieren, und ob sie sich danach die Hände waschen.

Bewegungsmelder zeigen an, ob ein Raum betreten wird. Sensoren erfassen in regelmäßigen Abständen, welche Stühle besetzt sind, ob es ein Geräusch im Bad gibt oder das Licht im Schlafzimmer angeschaltet ist. Drei Billigmikrophone in einem Raum reichen, um eine Person eindeutig zu lokalisieren; verteilt man sie in der gesamten Wohnung, lassen sich Bewegungsprofile erstellen.

Auffällig war, dass Videokameras als Überwachungstechnik quasi tabu waren. Man wolle, so hieß es, die Privatsphäre respektieren und verzichte daher nicht nur auf Videos, sondern auch auf die Aufzeichnung von Gesprächen sowie nach Möglichkeit generell auf Techniken, mit denen sich Personen eindeutig identifizieren lassen.

Fragen aus dem Publikum und Zweifel an der Akzeptanz der Sensoren in Wohnzimmer und Bad belegen das ehrliche Interesse der rund 300 aus aller Welt angereisten Jungwissenschaftler am Schutz der Privatsphäre ihrer potenziellen User. Doch sie wären keine IT-Spezialisten, hätten sie diese hehren Ziele nicht rasch in den Auseinandersetzungen über die technischen Herausforderungen aus den Augen verloren. Intensive Diskussion gab etwa darüber, ob 80 Prozent Messzuverlässigkeit ausreichen, um medizinisch korrekte Schlüsse aus den Sensormeldungen zu ziehen. Als Maßstab für Genauigkeit mussten immer wieder Alzheimer-Kranke herhalten, als seien sie der Normalfall: „Waschen sich die Patienten tatsächlich die Hände, wenn der Sensor laufendes Wasser registriert, oder haben sie schon vergessen, wofür sie den Hahn aufgedreht haben“. Die meisten IT-Wissenschaftler gingen das Problem technisch an: „Man kann die Genauigkeit durch eine Vielfalt sich überschneidender Sensoren deutlich erhöhen.“ Und tatsächlich veranschaulichte ein Projekt der Carnegie Mellon University, wie leicht sich aus einer Kombination von Bewegungsmeldern, Mikrophonen und Gewichtssensoren (etwa für Sessel) selbst in größeren, von mehreren Probanden genutzten Wohneinheiten, rasch auf die Person schließen lässt, und wie leicht es ist, daraus individuelle und detaillierte Bewegungs- und Gewohnheitsprofile zu erstellen.

Page: 1 2

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

Alphabet übertrifft die Erwartungen im ersten Quartal

Der Umsatz steigt um 15 Prozent, der Nettogewinn um 57 Prozent. Im nachbörslichen Handel kassiert…

2 Tagen ago

Microsoft steigert Umsatz und Gewinn im dritten Fiskalquartal

Aus 61,9 Milliarden Dollar generiert das Unternehmen einen Nettoprofit von 21,9 Milliarden Dollar. Das größte…

2 Tagen ago

Digitalisierung! Aber wie?

Mehr Digitalisierung wird von den Unternehmen gefordert. Für KMU ist die Umsetzung jedoch nicht trivial,…

2 Tagen ago

Meta meldet Gewinnsprung im ersten Quartal

Der Nettoprofi wächst um 117 Prozent. Auch beim Umsatz erzielt die Facebook-Mutter ein deutliches Plus.…

2 Tagen ago

Maximieren Sie Kundenzufriedenheit mit strategischem, kundenorientiertem Marketing

Vom Standpunkt eines Verbrauchers aus betrachtet, stellt sich die Frage: Wie relevant und persönlich sind…

3 Tagen ago

Chatbot-Dienst checkt Nachrichteninhalte aus WhatsApp-Quellen

Scamio analysiert und bewertet die Gefahren und gibt Anwendern Ratschläge für den Umgang mit einer…

3 Tagen ago