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Offshoring-Profi: „Ich will nicht, dass Menschen unseretwegen ihre Arbeit verlieren“

ZDNet: Sind diese Mitarbeiter teurer als Inder?

Biernacki: Die Löhne liegen etwas höher als in Indien, aber die Mitarbeiter sind oft hervorragend ausgebildet. Es handelt sich um ein Support-Zentrum. Da geht es gerade für unsere europäischen Kunden nicht nur um Kosten, sondern auch um die räumliche Nähe und die Sprachkenntnisse der Mitarbeiter.

ZDNet: Bevorzugen europäische Firmen Nearshoring?

Biernacki: Es gibt Kunden, die haben mit Offshoring kein Problem. Aber Sie müssen auch sehen, dass es ein langer Weg nach Indien ist. Hinzu kommen rund vier Stunden Zeitverschiebung. Das ist aufwändig. Andere Projekte sehen nur nach Nearshoring aus. Beispielsweise hat General Electrics explizit ein osteuropäisches Dienstleistungszentrum verlangt, das aber weltweit arbeitet. So ist unsere ungarische Niederlassung entstanden.

ZDNet: TCS ist in Deutschland relativ unbekannt. Wo stehen Sie derzeit im Dienstleistungsmarkt?

Biernacki: Wir rangieren beim weltweiten Umsatz zwischen Platz 12 und Platz 14. Wir wollen aber bald unter die ersten zehn kommen.

ZDNet: Wie möchten Sie das erreichen?

Biernacki: Wie ich bereits darauf hingewiesen habe, sind wir dabei, unser Prozesswissen durch Partnerschaften auszubauen. Dadurch schaffen wir uns ein Profil als Lösungsanbieter. Gleichzeitig bauen wir natürlich auf unsere Stärke im Infrastrukturbereich: Delivered Services überall in der Welt.

ZDNet: Warum ist ein so großes Unternehmen so unbekannt?

Biernacki: Tata ist in Indien so bekannt, dass es vielleicht nicht nötig erschien, Werbung für die Marke zu machen. Je internationaler ein Unternehmen wird, desto wichtiger wird aber auch Marketing. Ein anderer Grund ist, dass wir lange keine Firmenentwicklungsstrategie verfolgt haben, sondern uns um unsere Projekte gekümmert haben. Wir haben aus unserer Service-orientierten Firmenkultur heraus kaum Marketing betrieben. Diese Zurückhaltung ist durchaus auch etwas Indisches. Dazu gehört auch, dass man davon ausgeht, dass zufriedene Kunden schon für Nachfolgegeschäft sorgen. Und tatsächlich erwirtschaften wir 75 Prozent unseres Umsatzes mit Bestandskunden.

ZDNet: Worin unterscheidet sich das Arbeiten in einem indischen Konzern von dem in einem europäischen oder amerikanischen Unternehmen?

Biernacki: US-Unternehmen agieren wesentlich aggressiver am Markt. Indische Vertriebsmitarbeiter rufen nicht jeden zweiten Tag an, sondern haben durchaus die Geduld, Entscheidungen reifen zu lassen. Allerdings setzt hier ein Bewusstseinswandel ein, der bei Tata und unseren Mitbewerbern durchaus forciert wird. Wir setzen ein CRM-System ein und fangen an, gezielt auf unsere Kunden zuzugehen.

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ZDNet.de Redaktion

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