Apotheker verklagen Doc Morris und Krankenkassen

Der Streit um den Arzneimittelhandel über das Internet geht in eine neue Runde: Der Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) hat beim Landgericht Frankfurt am Main Strafanzeige gegen die niederländische Internet-Apotheke 0800 Doc Morris sowie zwei deutsche Krankenkassen gestellt.

„In Deutschland ist der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verboten“, erläuterte Rechtsanwalt Edgar Weiler die Klage am Mittwoch in Frankfurt. BVDA-Präsident Wilhelm Raida wirft den Krankenkassen vor, mit Rückendeckung der Politik gezielt Gesetze zu brechen, um Kosten zu sparen.

Bisher sind sämtliche Klagen gegen Doc Morris gescheitert. In seiner 74-seitigen Klageschrift wirft der Apothekerverband der niederländischen Internet-Apotheke vor, gefährliche Arzneimittel zu vertreiben, ohne ausreichend auf Nebenwirkungen hinzuweisen (AZ 8910 Js 224333/02 U). Darüber hinaus verstoße Doc Morris gegen das in Deutschland geltende Versandhandelsverbot mit Pharmazeutika und mache sich der Umsatzsteuerhinterziehung verdächtig.

„In den Niederlanden entfallen auf Medikamente sechs Prozent Umsatzsteuer, in Deutschland 16 Prozent“, sagt Weiler. Die von den Krankenkassen vorgebrachten Einsparungspotentiale von zehn Prozent entsprächen genau dieser Differenz und würden letztendlich vom deutschen Steuerzahler subventioniert, argumentiert der Anwalt.

Gegen die Gmünder Ersatzkasse und die BKK Bayern erhebt der BVDA den Vorwurf, den unerlaubten Versandhandel durch massenhafte Bestellungen zu unterstützen. Die Gmünder Ersatzkasse mache monatlich nach eigenen Angaben einen Umsatz von 150.000 Euro mit Doc Morris, sagte Raida. Der Verband, der derzeit knapp 1000 Apotheker vertritt, fordert Schadenersatz für seine Mitglieder. Für Deutschland rechnet der BVDA über die 22.000 deutschen Apotheken mit einem Schaden von 2,6 bis 2,8 Millionen Euro jährlich durch den Internet-Versand.

Allein Doc Morris setzte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr fünf Millionen Euro um, im ersten Quartal 2002 bereits 3,5 Millionen Euro. In Deutschland versuchen Pharmaindustrie und Apothekerverbände schon länger, den Internet-Vertrieb von Medikamenten zu stoppen. Der Rechtsstreit um die Aktivitäten von Doc Morris beschäftigt bereits mehrere Landgerichte und den Europäischen Gerichtshof.

Von den insgesamt 65 Anklagen wurden die meisten bisher eingestellt. Auch einige Krankenkassen haben sich durch ihre Zusammenarbeit mit Doc Morris eine von den Apothekerverbänden initiierte Prozesslawine eingehandelt. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat sich unterdessen für Internet-Apotheken ausgesprochen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf liege bereits vor.

ZDNet.de Redaktion

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