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Preiserhöhung bei Microsoft: Weckruf für Unternehmen

Zum 1. April haben sich die Preise der Microsoft Cloud Produkte um elf Prozent erhöht. Einer der Gründe ist laut Microsoft der Wunsch, die Preise zu vereinheitlichen, um Transparenz zu schaffen. Zusätzlich sollen auch die Wechselkursschwankungen in die Preisgestaltung mit einfließen. Deshalb will der Konzern seine Preise im halbjährlichen Turnus anpassen.

Für den Softwaremarkt bedeutet Microsofts Preispolitik: Der Konzern hat seine Dominanz durch Abo-Produkte wie M365 mittlerweile dermaßen ausgebaut, dass es heute kaum noch echte Konkurrenz gibt. Laut Axel Oppermann, Analyst bei Avispador, sind mittlerweile 30 bis 40 Prozent der Cloud-Kunden auf Office-Abonnements umgestiegen, was auf eine kritische Masse hindeute. In einem Handelsblatt-Bericht wurde Microsofts Verhalten bereits als rücksichtslos beschrieben, der Softwaregigant solle seine Konditionen teilweise „brutal“ durchsetzen.

Unmut bei Kunden und Vorstandschefs

Die eiserne Preiserhöhungstaktik setzt der Konzern nun fort, nachdem er die Preise für M365 im vergangenen Jahr bereits um bis zu 25 Prozent angehoben hatte. Als Rechtfertigung dienen regelmäßig die angeblichen Wechselkursschwankungen zum US-Dollar, die jedoch momentan nicht zutreffen. Laut Handelsblatt hat das Ausmaß der Preisanstiege für Abonnements mittlerweile ein Niveau erreicht, das Unmut selbst bei Vorstandschefs auslöst. Kunden, deren Abo-Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten auslaufen, werden mit Erhöhungen von 30 bis 40 Prozent konfrontiert, wie Verhandlungsberater René Schumann berichtet. Dies führe vielerorts zu blankem Entsetzen. Bei einem mittelständischen Unternehmen mit einer Milliarde Umsatz wäre mit einer Verteuerung von 6 Millionen Euro zu rechnen, ausgegangen von jährlichen Kosten von 20 Millionen Euro für Microsoft-Produkte.

Zusätzlich zu den Preiserhöhungen bei Abonnements bietet Microsoft auch Premiumprodukte, welche weitere Ausgaben verursachen. Berichten zufolge verschiebt das Unternehmen Funktionen aus Standard-Produktpaketen in teurere Angebote, wie es zum Beispiel bei Teams geschehen ist. Es ist zu erwarten, dass Microsoft weitere Anreize für Premium-Leistungen schaffen wird, insbesondere im Bereich der KI-Assistenten.

Kompetenzabbau in Unternehmen: ein fataler Trend

Schon 2021 wies das Marktforschungs- und Analyseunternehmen Gartner in einer globalen Untersuchung darauf hin, dass die aktuelle Lage auf der Kundenseite darin bestehe, dass heute jeder als Technologieeinkäufer agieren könne, obgleich oft die nötigen Fähigkeiten fehlten. Dabei handelt es sich um den seit vielen Jahren anhaltenden, verhängnisvollen Trend des Kompetenzabbaus in Unternehmen und Institutionen. Dieser geht gleichzeitig mit einem unkontrollierten Anwachsen von Abhängigkeiten vor allem von US-Softwareriesen einher. Eine Konsequenz: Das Verhandlungsteam sollte sich von der IT-Abteilung distanzieren, da diese sich oftmals emotional zu Microsoft hingezogen fühle.

Bemerkenswert ist: Klassische Softwarelizenzen ebenso wie Hardware und Angebote für Privatkunden sind bisher nicht von Preiserhöhungen betroffen. Diese Tatsache verdeutlicht, dass europäische Werte und Freiheiten durchaus Einfluss haben und sich behaupten können. Allerdings ist das keineswegs selbstverständlich. Es erfordert ein angemessenes Bewusstsein und Engagement. Die Früchte der juristischen Auseinandersetzungen bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) und BGH, welche den heutigen Gebrauchtmarkt für klassische Softwarelizenzen ermöglicht haben, sind noch immer spürbar. Microsofts Dominanz konnte hier ein entscheidendes Gegengewicht entgegengesetzt werden, dessen Wirkung bis heute anhält.

Demgemäß stellt der Gebrauchtmarkt eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Er ist ein europäisches Juwel, weil er die Machtverhältnisse großer Softwareanbieter durchbricht und Kunden deren Eigentumsrechte und Grundfreiheiten bezüglich der Software wahrt. Diese Grundprinzipien in Europa leichtsinnig für Abonnement-Modelle über Bord zu werfen, obwohl aktuelle On-Premises-Versionen weiterhin verfügbar sind, ist unbedacht und rächt sich nun. Auch Gartner hat jüngst bestätigt, dass On-Premise-Versionen zu bevorzugen sind – insbesondere um den Kosteneffekten von Cloud-Abonnements zu entkommen.

On-Premise-Lizenzen als Flexibilitätsgarantie

Ein gesunder Mix aus klassischen aktuellen On-Premise-Softwarelizenzen und bedarfsgerechten integrativen Cloud-Services bewahren die Investments von Unternehmen und bieten gleichzeitig die heute geforderte Dynamik. Für On-Premise-Lizenzen („Perpetual“) spricht das vom Kunden erworbene ‚Eigentum‘, das er in eigenen IT-Strukturen bis hin zu wechselnder Cloud-Infrastruktur oftmals flexibel einsetzen kann. Bei Bedarf lassen sich diese Lizenzen gebraucht verkaufen, aber auch ebenso kostengünstig nacherwerben.

Andreas E. Thyen

Präsident des Verwaltungsrats von LizenzDirekt

Roger Homrich

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