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iPhone 8, das Intel-Modem und die Apple-Aktie

Die Apple-Aktie ist am Freitag mit einem Minus von fast 4 Prozent aus dem Handel gegangen. Laut einigen Medienberichten ist dafür ein langsames Intel-Modem verantwortlich, das Apple angeblich im iPhone 8 verwenden will.

Hier einige Beispiele: WeltN24 titelt „Gerücht über langsames iPhone 8 – Apple-Aktie stürzt ab“. Die FAZ schreibt „Das nächste iPhone von Apple wird technisch angeblich der Konkurrenz hinterherhinken. Ein entsprechender Bericht schickt die Apple-Aktie auf Talfahrt und bestätigt Kritiker. Und die Bild-Schlagzeile lautet: „Apple-Aktie stürzt ab – Neues iPhone offenbar zu langsam“.

Sämtliche Artikel beziehen sich auf einen Bericht von Bloomberg. Dieser stammt von Apple-Kenner Mark Gurman, der in der Regel einen guten Draht zu Apple beziehungsweise zu Leuten hat, die sich mit der Herstellung von Apple-Geräten sehr gut auskennen. Gurman berichtet darüber, dass Apple neben leistungsfähigen Modems von Qualcomm auch langsamere von Intel für das kommende iPhone 8 verwenden will, um nicht abhängig von einem Hersteller zu sein und weil Apple mit Qualcomm derzeit einen Streit um Patente vor Gericht austrägt und dadurch wenig Lust verspüre, zu 100 Prozent von Qualcomm abhängig zu sein. Damit die Kunden die Leistungsunterschiede in der Praxis nicht bemerken, plant, so Gurman, Apple die Leistungsfähigkeit des Qualcomm-Modems zu drosseln. Das sei auch schon beim iPhone 7 passiert. Daraus folgert der Bericht, dass das kommende iPhone 8 in Sachen Download-Performance über LTE nicht konkurrenzfähig sei.

Zahlreiche Medien machen ein zu langsames Intel-Modem als Grund für den Kursrückgang der Apple-Aktie aus. Die Wahrheit ist allerdings etwas komplexer (Bild: ZDNet.de)

Intel-Modem zu langsam?

Der Kern der Geschichte ist wohl richtig. Intel-Modems sind langsamer als Qualcomm-Modelle. Jedenfalls im Moment. Während Qualcomms X16 LTE Modem 1 Gigabit/s Download-Bandbreite bietet, schaffen Intel-Modelle derzeit noch weniger. Das Intel XMM 7360, das beispielsweise in einigen iPhone-7-Modellen verwendet wird, leistet maximal 450 MBit/s. Das alternativ im iPhone 7 verwendete Qualcomm-Modell schafft theoretisch 650 MBit/s, soll aber angeblich auf 450 MBit/s begrenzt sein. Intel hat mit dem XMM 7560 zwar auch ein Gigabit-Modell angekündigt, doch ist dieses vor 2018 nicht einsatzbereit.

Abhängigkeit vom iPhone (Grafik: Statista)

Wo gibt es 1-GBit/s LTE

In Deutschland gibt es noch kein LTE mit 1 GBit/s. Vodafone bietet seit kurzem in einigen Städten 500 MBit/s an und plant den Ausbau bis zum Jahresende auf 30 Städte auszudehnen. In der Regel wird man allerdings froh sein, wenn in Deutschland etwa 150 MBit/s bekommt. Ob und wann 1 GBit-LTE flächendeckend angeboten wird, ist derzeit noch völlig unklar.

Gründe für Kursrückgang bei Apple-Aktie

In den meisten Regionen der Welt dürfte es den Anwender ziemlich egal sein, ob ihr Smartphone nun 450 Bit/s oder 1 GBit/s Bandbreite über LTE bietet. Es fehlen erstens die Netzkapazitäten und zweitens bieten nur die teuersten Mobilfunkverträge das Maximal-Tempo. Die meisten User werden also von der theoretischen Unterlegenheit des iPhones 8 in der Praxis nicht betroffen sein.

Der Grund für den Kursverlust der Apple-Aktie ist ein anderer. Denn auch andere Tech-Aktien sind in ähnlicher Größenordnung gefallen. Und das, ohne dass ein Intel-Model im Spiel gewesen ist. Viel mehr ist eine Einschätzung von Goldman Sachs für den Kurs-Rückgang bei Tech-Aktien verantwortlich. Fünf Firmen, nämlich Alphabet (Google), Amazon, Apple, Facebook und Microsoft würden knapp 40 Prozent des Anstiegs beim Index Standard & Poor’s 500 ausmachen. Diese Firmen zusammen hätten ein Kursanstieg von insgesamt 600 Milliarden Dollar erzielt, was in etwa dem Bruttosozialprodukt von Hong Kong und Südafrika entspricht. Mit anderen Worten: Hier hat eine Kurskorrektur der Anleger eingesetzt. Das Intel-Modem war an dieser Reaktion nicht beteiligt, ist dafür aber nun berühmt.

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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