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Facebook wehrt sich gegen Maas-Gesetz

Facebook hat sich erstmals zu Plänen von Bundesjustizminister Heiko Maas geäußert, per Gesetz „Compliance-Regeln für Soziale Netzwerke“ einzuführen. In einer Stellungnahme, die der Wirtschaftswoche vorliegt, bezeichnet das Unternehmen den Entwurf zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz als „ungeeignet“, um die Verbreitung von Hassreden und gefälschten Nachrichten im Internet einzudämmen.

„Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen“, kommentiert Facebook das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, wie der Entwurf offiziell heißt. „Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf.“ Zudem warnt das Unternehmen vor einem „nationalen Alleingang“ und fordert eine europäische Lösung.

Das Unternehmen von Mark Zuckerberg kritisiert zudem die Höhe der geplanten Bußgelder. Unternehmen wie Facebook sollen nach Vorstellung der Bundesregierung bis zu 50 Millionen Euro Strafe zahlen, sollten sie strafbare Inhalte nicht oder nur mit Verspätung löschen. „Die Höhe der Bußgelder steht außer Verhältnis zu dem sanktionierten Verhalten“, führt Facebook dazu aus.

Auch die Erfüllung der geplanten gesetzlichen Vorgaben soll dem Unternehmen einen erheblichen finanziellen Schaden zufügen. Facebook hält dem Bericht zufolge eine Studie des Branchenverbands Bitkom, wonach auf Social Networks wie Facebook zusätzliche Kosten von 530 Millionen Euro pro Jahr zukommen, für „realistisch“.

„Um die sozialen Netzwerke zu einer zügigeren und umfassenderen Bearbeitung von Beschwerden insbesondere von Nutzerinnen und Nutzer über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte anzuhalten, werden durch den Entwurf gesetzliche Compliance-Regeln für soziale Netzwerke eingeführt. Vorgesehen sind eine gesetzliche Berichtspflicht für soziale Netzwerke über den Umgang mit Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten, ein wirksames Beschwerdemanagement sowie die Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten“, heißt es in der Einleitung des Entwurfs (PDF).

Demnach soll das Gesetz nur für Netzwerke mit mindestens zwei Millionen Nutzern gelten, was laut Bundesjustizministerium derzeit auf höchstens zehn Plattformen zutrifft. Die jedem Anbieter entstehenden Kosten schätzt das Ministerium wiederum auf jährlich rund 28 Millionen Euro. Im Gegenzug sollen Unternehmen jedoch durch ein Gesetz für den Abbau von Bürokratie finanziell entlastet werden.

Die Kosten sollen unter anderem bei der Erstellung vierteljährlicher Berichte über den Umgang mit Beschwerden und durch die eigentliche Bearbeitung der Beschwerden entstehen. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte sollen künftig innerhalb von 24 Stunden, nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb einer Woche gelöscht oder gesperrt werden – Ausnahmen können mit Behörden abgesprochen werden. Die 24-Stundenfrist ist bereits jetzt Gegenstand einer freiwilligen Regelung, auf die sich das Bundesjustizministerium im Dezember 2015 mit Facebook, Google und Twitter geeinigt hatte.

Soziale Netze müssen bei der Löschung rechtswidriger Inhalte nicht nur die in ihrem Herkunftsland geltenden Gesetze berücksichtigen, sondern auch die Rechtsprechung des Landes, in dem sie ihre Dienste anbieten. Während beispielsweise die Leugnung des Holocaust hierzulande unter Strafe steht, ist sie in den USA durch die freie Meinungsäußerung gedeckt.

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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