Europol: Verschlüsselung ist „das größte Problem“ im Kampf gegen den Terrorismus

Europol hat davor gewarnt, dass die Verschlüsselung im Internet die Überwachung und Verfolgung von Terrorverdächtigen erschwert. Das gilt laut Rob Wainwright, Direktor der europäischen Polizeibehörde, vor allem für verschlüsselte Online-Kommunikation und die als Dark Web bezeichneten versteckten Teile des Internets. In einem Interview mit der BBC bezeichnete er sie als das „größte Problem“ bei der täglichen Arbeit der Strafverfolger.

„Es ist wahrscheinlich zum größten Problem für die Polizei und die Sicherheitsbehörden beim Umgang mit terroristischen Bedrohungen geworden“, sagte Wainwright. Die Terrorismusabwehr habe immer auf der Möglichkeit aufgebaut, die Kommunikation zu überwachen. Das sei nun nicht mehr möglich.

Laut Europol hat sich verschlüsselte Kommunikation zu einem zentralen Werkzeug terroristischer Operationen entwickelt. Schon im Februar hatte Rodrigo Bijou auf einer Sicherheitskonferenz von Kaspersky erklärt, Gruppen wie IS und Al-Qaida nutzten Online-Foren für die Verbreitung von Propaganda und verschlüsselte Kommunikation für die Organisation ihrer Aktivitäten.

Wainwright zufolge verwenden Terroristen aber auch immer häufiger das Dark Web, um ihre Aktivitäten vor den Ermittlern zu verbergen. Technologiefirmen sollten deswegen die möglichen Folgen von Verschlüsselung für Strafverfolgungsbehörden berücksichtigen.

Europol sei von der Position, die die meisten Technikfirmen durch die Ausweitung der Verschlüsselung einnähmen, enttäuscht. „Ich glaube, Technikfirmen machen das aufgrund einer wirtschaftlichen Notwendigkeit, die durch das angetrieben wird, was sie als Nachfrage von Verbrauchern nach mehr Privatsphäre für ihre Kommunikation wahrnehmen.“ Es erschwere aber den Zugriff auf die Kommunikation der gefährlichsten Menschen, „die das Internet missbrauchen“.

In dem Interview mit der BBC kündigte der Europol-Direktor die Schaffung einer neuen Abteilung mit dem Namen „European Internet Referral Unit“ an. Ihre Aufgabe sei es, von Terroristen genutzte Websites zu finden und möglicherweise auch zu entfernen.

Viele Technikfirmen haben nach den Enthüllungen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden über die Abhörprogramme von NSA und GCHQ damit begonnen, ihre Verschlüsselungsangebote auszuweiten. Sie kritisieren einen Vertrauensverlust ihrer Kunden in ihre Online-Dienste. Auch deswegen forderten viele Branchenvertreter in der vergangenen Woche ein Ende der in den USA gängigen Massenüberwachung. Nur eine Reform der Abhörgesetze und mehr Transparenz können ihnen zufolge das Vertrauen wiederherstellen.

[mit Material von Charlie Osborne, ZDNet.com]

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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