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Project Adam: Microsoft forscht über Künstliche Intelligenz

Auf seinem in dieser Woche in Redmond abgehaltenen 15. Research Faculty Summit hat Microsoft einen Überblick über seinen Forschungsstand in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) gegeben. In seiner Keynote ging Harry Shum, Executive Vice President Technology und Research bei Microsoft, vor allem auf „Project Adam“ ein, ein selbstlernendes System, für dessen Entwicklung sich die Forscher am menschlichen Gehirn orientieren.

Microsoft-Forschungsleiter Harry Shum (rechts) bei der Präsentation von Project Adam (Bild: Microsoft)

Aktuell konzentriert sich das Team um Trishul Chilimbi bei ihrem Projekt auf die visuelle Identifizierung und Klassifizierung einer Vielzahl von Objekten. Das System greift dazu auf eine Datenbasis mit mehr als 14 Millionen Bildern zurück, die aus dem Web und Seiten wie Flickr gewonnen und basierend auf den nutzerdefinierten Tags automatisch in mehr als 22.000 Kategorien gegliedert wurden. Davon ausgehend trainierten die Forscher das System und schufen ein künstliches neuronales Netzwerk mit über zwei Milliarden Verknüpfungen.

Das menschliche Gehirn kann dank seines neuronalen Netzes mit Milliarden von Verknüpfungen gesprochene Sprache verstehen, Gedanken artikulieren, lesen und verschiedene Objekte deutlich voneinander unterscheiden. Das im Rahmen von Project Adam nachgebaute kann derzeit vor allem eines: Objekte visuell erkennen und sie unmittelbar benennen. Wie zuverlässig die Technologie bereits funktioniert, hat Microsoft Research anhand eines „Hunderassen-Detektors“ vorgeführt.

Das Team verknüpfte die „Project Adam“-Technik dazu mit der Sprachsteuerung Cortana von Windows Phone. Im Rahmen der Präsentation von Harry Shum wurde die Smartphone-Kamera nacheinander auf mehrere Hunde gerichtet und Cortana gefragt, um welche Hunderasse es sich jeweils handelt. Dalmatiner und Rhodesian Ridgeback stellten Cortana vor keine großen Herausforderungen. Schwierigkeiten gab es dagegen beim australischen Cobberdog, der mehrere Hunderassen in sich vereint. Beim Foto eines Menschen erklärte Cortana allerdings sofort: „Ich glaube das ist kein Hund.“

Microsoft Research strebt damit ähnliche Einsatzszenarien für seine Art der Künstlichen Intelligenz an, wie dies zum Beispiel IBM tut: Statt sie nur in einen Supercomputer zu integrieren, der sich mit irgendwelchen komplizierten Fragen beschäftigt, sollen daraus Dienste entwickelt werden, die sich durchaus auch mit Mobilgeräten nutzen lassen – wobei die Intelligenz natürlich nach wie vor zentral vorgehalten wird, das Mobilgerät aber als Ein- und Ausgabemedium fungiert.

Microsoft nennt als künftige Nutzungsbeispiele etwa die Möglichkeit, bei Wanderungen in der Natur giftige von ungefährlichen Pflanzen unterscheiden zu können oder bei Reisen im Ausland Inhaltsstoffe von Lebensmitteln und Speisen eindeutig zu bestimmen. Ebenso wie IBM sieht Microsoft zudem in der Medizin neue Möglichkeiten: Beispielsweise könnten Krankheiten an Hautausschlägen frühzeitig erkannt werden.

Forrester-Analystin Michele Goetz sieht für Künstliche Intelligenz in den nächsten zwei bis fünf Jahren im Vergleich zur ebenfalls rasch voranschreitenden Analyse von Big Data vor allem deshalb Vorteile, weil sie eben über die rein analytische Ebene hinausgeht: Anwender müssen kein Modell oder keine Analysemethode über die vorhandenen Daten stülpen. Das System verdaut vielmehr alle vorhandenen Daten – jeweils den Zusammenhang, in dem sie benötigt werden – und wählt die erforderlichen selbst aus. Herkömmliche Wege zur Pflege von Daten und Inhalten werden somit obsolet und dadurch möglicherweise eingeschleuste Fehler ausgeschlossen.

Goetz ist aber noch skeptisch, ob es in naher Zukunft mit vertretbarem Aufwand gelingt, das für unterschiedliche Einsatzfelder jeweils erforderliche Wissen zu sammeln und die notwendigen Anpassungen des Systems vorzunehmen. Daher könnte es ihrer Ansicht nach gut sein, dass Künstliche Intelligenz zunächst gar nicht Firmen, sondern Verbrauchern zugute kommt – und zwar genau in solchen Szenarien, wie Microsoft sie jetzt geschildert hat. Denn die Technologie kann ihre Stärken derzeit vor allem da ausspielen, wo große Mengen von Inhalten und vielfältige Datenquellen auf unterschiedliche Fragestellungen treffen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

ZDNet.de Redaktion

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