Tim Berners-Lee hat sich in einem Gespräch mit Wired erneut für ein dezentrales, internationales Web ausgesprochen. Der Erfinder von HTML und damit des World Wide Web warnte vor der Bedrohung, länderweise Sperrbezirke einzuführen. „Ich wünsche mir ein Web, das offen ist, international funktioniert, so gut wie möglich, und nicht auf Nationalstaaten basiert.“
Anlass war das geplante Internet-Gesetz Brasiliens, auf das Berners-Lee explizit einging: „Was ich nicht will, ist ein Web, in dem die brasilianische Regierung die Daten jedes Sozialen Netzes in Servern auf brasilianischem Boden speichern lässt. Das würde es so schwierig machen, eines einzurichten.“
Der brasilianische Gesetzesentwurf würde internationale Firmen wie Facebook und Google verpflichten, Daten brasilianischer Nutzer im Land zu speichern. Es gilt als Reaktion auf die NSA-Enthüllungen und als Versuch, Daten von Brasilianern besser vor Überwachung zu schützen.
Berners-Lee argumentiert in dem Interview, dass fehlendes Vertrauen nach den NSA-Enthüllungen eine Bedrohung des offenen Web sei – und zwar eine größere als Zensur. Er befürwortet daher einen Schutz für Whistleblower wie Edward Snowden, wenn sie „unter extremen Bedingungen“ geheime Informationen an die Öffentlichkeit geben. Er sieht Snowden dabei nicht als Einzelgänger, sondern als Beispiel für eine ganze Kultur, die im Internet entstanden ist.
„Das ist eine wirklich wichtige Kultur, es ist wichtig, dass die Geek Community als Ganze über ihre Verpflichtungen nachdenkt und darüber, was sie tun kann. Wir brauchen verschiedene alternative Stimmen, die bisweilen die konventionellen Regierungen etwas zurückdrängen.“
Etwas weniger ernst antwortete Berners-Lee auf die Frage, was er heute anders machen würde, wenn er das Web noch einmal erfände: „Ich würde das Slash Slash nach dem Doppelpunkt abschaffen. Man braucht es eigentlich nicht. Es schien damals nur eine gute Idee.“ Damit bezog er sich natürlich auf die beiden Schrägstriche in „//www.zdnet.de“, die den Scheme-Specific Part der URL einleiten.
[mit Material von Lance Whitney, News.com]
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