Firmennetzwerke: Extreme Networks kauft Enterasys Networks

Extreme Networks übernimmt den Mitbewerber Enterasys Networks für 180 Millionen Dollar. Die Akquisition wurde von den Aufsichtsräten beider Unternehmen genehmigt. Die erforderlichen Genehmigungen vorausgesetzt soll sie im vierten Quartal 2013 abgeschlossen werden. Bis dahin werden beide Unternehmen separat arbeiten.

Das aus der Transaktion hervorgehende gemeinsame Unternehmen plant, die auf den Weg gebrachten strategischen Produktentwicklungen beider Unternehmen weiterzuführen. Das ist bemerkenswert, weil sich die Angebote weitreichend überschneiden – nicht nur bei den Basisprodukten wie Ethernet-Switches, sondern auch bei Produkten zur Kontrolle größerer, hybrider Netzwerke. Wie sich der Verkauf von Enterasys durch den Finanzinvestor The Gores Group auf die Beziehung zu Siemens Enterprise Communications, eine andere Beteiligung, auswirkt, dessen Tochterunternehmen Enterasys derzeit ist, ist noch nicht bekannt.

Enterasys Networks ging 2007 aus dem Cabletron-Konzern hervor und gehörte seit November 2005 dem Finanzinvestor The Gores Group.

Der Umsatz des neuen Unternehmens wird künftig etwa doppelt so hoch sein wie bisher bei beiden Unternehmen allein. Das Management geht zudem davon aus, dass die operative Marge des vereinigten Unternehmens durch die Ausnutzung von Synergien im Lauf der Zeit steigt. Es erwartet auch, dass durch die Akquisition nach Abzug der der Transaktions-, Integrations- und Verwaltungskosten unmittelbar Zuwächse erzielt werden.

Den beiden Firmen zufolge soll ExtremeXOS, das Netzwerkbetriebssystem von Extreme Networks, innerhalb von etwa zwei Jahren um die Funktionen des Netzwerkbetriebssystems von Enterasys erweitert werden und dann beide Hardware-Plattformen unterstützen. „Seit der Vorstellung im Jahr 2004 wurde das ExtremeXOS mit einem Linux-Abstraktionslayer entwickelt, der es relativ einfach macht, das Betriebssystem für die Unterstützung der Switching-Hardware anderer Hersteller zu erweitern“, so Chuck Berger, President und CEO von Extreme Networks, in einer Pressemitteilung.

Die neue Unternehmensgröße soll zudem höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung ermöglichen. Das ist auch dringend erforderlich. Waren beide Firmen zwar mit geringen Marktanteilen, aber doch innovativen Ansätzen von Analysten vor Jahren immer wieder als ernsthafte Herausforderer eingestuft worden, sind sie in neueren Untersuchungen deutlich zurückgefallen. Nach Ansicht von Gartner liegen sie etwa bei der Innovationskraft inzwischen weit hinter Newcomern wie Arista Networks und bei der Fähigkeit, den Markt durch ihre Präsenz zu beeinflussen, deutlich hinter Dell zurück.

Glaubt man der Einschätzung von Gartner vom Frühjahr 2013, tun sich mit Extreme und Enterasys die beiden Firmen zusammen, die den Anschluss im Netzwerkmarkt derzeit zu verpassen drohen (Grafik: Gartner).

Infonetics-Analyst Matthias Machowinski ist hinsichtlich Anbietern wie Extreme Networks und Enterasys etwas optimistischer. Er hat bereits im April erklärt, Käufer von Ethernet-Switching-Produkten seien durchaus für Alternativen aufgeschlossen – also für andere Firmen als das den 20 Milliarden Dollar schweren Markt dominierende Cisco. „Allerdings bleiben viele Käufer dann letzten Endes doch bei ihrem bisherigen Lieferanten, wodurch die Veränderungen in der Anbieterlandschaft nur sehr langsam vor sich gehen“, erklärt Machowinski in einer Studie zu dem Marktsegment in den USA.

Den größten Sprung nach vorne hatte 2012 Dell gemacht – vor allem allerdings die Übernahme von Force 10 Networks. Im zweiten Quartal 2013 konnten dagegen den Zahlen von Infonetics zufolge vor allem Alcatel-Lucent, Enterasys und Juniper Networkls stark zulegen – gegenüber dem ersten Quartal 2013 verbesserten sich alle drei beim Umsatz um jeweils über 20 Prozent.

Obwohl Cisco 2012 Marktanteile verloren hat, bleibt das Unternehmen daher unangefochtener Marktführer. Laut Infonetics folgen Dell, Hewlett-Packard und IBM – vor allem, weil diese drei als Infrastrukturausrüster auftreten und die Netzwerkausrüstung nur als Teil eines breiteren Angebots liefern.

Etwas mehr Bewegung sieht Alan Weckel, Vice President beim Marktforschungsunternehmen Dell’Oro Group. Seiner Ansicht nach stehen grundlegende Umwälzungen bevor, da sich das Käuferverhalten verändert. Er prognostiziert zudem eine Schere zwischen dem Bedarf in großen Rechenzentren und dem in kleinen Unternehmen: Während in ersteren die Nachfrage auch künftig steige, lasse sie beim unteren Mittelstand spätestens ab 2017 nach. Ein Grund mehr also für Marktteilnehmer, sich als Ausrüster von Großkonzernen zu positionieren.

Laut Weckel tragen vor allem Projekte zur Rechenzentrumskonsolidierung und dem Aufbau von Cloud-Services zum Wachstum im oberen Marktsegment bei. Dadurch gewännen Anbieter in diesem Segment in den kommenden Jahren voraussichtlich Marktanteile. „Das Auseinanderlaufen bei der Entwicklung des Marktes wird in den kommenden paar Jahren deutlichere Auswirkungen auf die Anteile der einzelnen Hersteller und deren Produktlinien haben, als wir sie in den vergangenen zehn Jahren erlebt haben“, sagt Weckel voraus. Da je nach Teilsegment Cisco, Dell, D-Link, Hewlett-Packard, Huawei, IBM, Juniper und Netgear die vier vordersten Plätze belegen, ist das Zusammengehen von Extreme Networks und Enterasys auch aus diesem Blickwinkel nachvollziehbar.

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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