Netzneutralität: Verizon verklagt Kommunikationsaufsicht FCC

Der US-Netzbetreiber Verizon hat erneut eine Klage gegen die Telekommunikationsaufsicht FCC eingereicht. Er will damit die Möglichkeit erstreiten, die Nutzungsdaten seiner Kunden auszuwerten und so ein zusätzliches Geschäftsfeld in Form priorisierter Dienste zu erschließen.

Dem Wall Street Journal zufolge ist Verizon nicht der einzige US-Provider, der Daten zur Internetnutzung für Traffic-Management verwenden möchte. Die Unternehmen würden den Anbietern von Inhalten dann Gebühren berechnen, damit deren Dienste priorisiert werden. So sollen sich Investitionen in schnelle Netze schneller rentieren.

Die FCC dagegen propagiert Netzneutralität, also die Gleichbehandlung aller Internet-Inhalte. Zudem fürchtet sie, dass eine Monetarisierung von Zugangsdiensten Märkte zugunsten etablierter Anbieter verändern würde. Ein Start-up mit einer neuen Social-Media-Site oder Such-Engine beispielsweise hätte dann keine Chance gegen die Branchenriesen in diesen Bereichen, die sich Extra-Zahlungen an Netzwerkbetreiber leisten können.

Die Klage liegt jetzt dem Berufungsgericht für den Bezirk Columbia vor. Diese Woche finden die ersten Anhörungen statt. Verizon argumentiert dem WSJ zufolge, die FCC habe nicht das Recht, Priorisierung von Internetdiensten zu verbieten – und sie sollte dieses Recht auch nicht haben.

Die Federal Communications Commission (FCC) reguliert die Gesamtheit der Kommunikationsdienste in den USA. 2011 hatte sie mit Regeln zur Netzneutralität verfügt, Netzbetreiber dürften keine Inhalte blockieren oder schlechter als andere behandeln. Erlaubt ist „vertretbares Netzwerk-Management“, um Engpässe zu vermeiden. Die dafür geltenden Praktiken sind aber offenzulegen.

Nötig waren diese Regeln gewesen, weil laut FCC „mehrere Breitband-Zugangsprovider Dienste blockiert oder heruntergestuft“ hatten. Unter anderem verhinderte Comcast damals zeitweise Zugriffe auf BitTorrent. 2010 hatte die FCC noch einen Prozess gegen Comcast verloren, das die Meinung vertrat, die FCC dürfe keine Strafen aussprechen.

Der Streit ist also grundsätzlicher Natur, wie auch ein Statement von NetCompetition-Vorstand gegenüber der New York Times belegt: „Dieses Verfahren wird ermitteln, ob die Gesetze und Regeln der Vergangenheit – aus einer Zeit vor dem Internet – sich auf die Zukunft des Internets anwenden lassen. Es wird die Regulierungsmöglichkeiten und die Autorität der FCC im 21. Jahrhundert definieren.“ NetCompetition ist eine Lobbyvereinigung der US-Provider.

In Deutschland ist diese Fragestellung zuletzt durch die Drosselungspläne der Deutschen Telekom in den Fokus gerückt. Das Unternehmen will ab 2016 Obergrenzen für Festnetz-Internetanschlüsse einführen, womit es im April eine Protestwelle lostrat. Politiker, Verbraucherschützer und Kunden kritisierten das Vorhaben scharf, weil sie die Netzneutralität gefährdet sehen. Netzaktivisten starteten eine Online-Petition und organisierten eine Demonstration vor der Telekom-Hauptversammlung im Mai.

Kritik gibt es vor allem daran, dass die Telekom den von seiner IPTV-Plattform „Entertain“ verursachten Datenverkehr nicht auf das in den neuen Tarifen enthaltene Highspeed-Volumen anrechnen will. Dadurch bevorzuge der Konzern eigene Dienste und benachteilige Wettbewerber, so der Vorwurf. Die Telekom verteidigt sich damit, dass andere Inhalte-Anbieter ebenfalls die Möglichkeit hätten, ihr Angebot nicht auf das Datenvolumen anrechnen zu lassen. Dafür verlangt der Konzern aber eine Gebühr. Dadurch sehen Kritiker den Grundsatz der Netzneutralität verletzt, der eine bestmögliche Übertragung jedes Datenpakets unabhängig von Sender, Empfänger und Inhalt vorsieht.

[mit Material von Charlie Osborne, ZDNet.com]

Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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