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Wikileaks-Informant Bradley Manning legt Teilgeständnis ab

Der in den USA als Wikileaks-Informant angeklagte frühere Offizier Bradley Manning hat die Weitergabe von Geheimdokumenten eingeräumt. Im Rahmen eines Teilgeständnisses erklärte sich der 25-Jährige in zehn von 22 Anklagepunkten für schuldig. Das berichten die Los Angeles Times und andere US-Medien.

Allerdings beschränkt sich das Geständnis auf die weniger schweren Anklagepunkte. Die schwereren Vorwürfe wie „Unterstützung des Feindes“, die ihm eine lebenslange Haftstrafe einbringen könnten, bestritt er bei der gestrigen Verhandlung. Die jetzt eingeräumten Vergehen könnten zu einer Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis führen.

Manning las vor Gericht eine Erklärung vor, in der er seine Motive erläuterte. Er habe gehofft, eine „Debatte über das Militär und unsere Außenpolitik“ anzustoßen. Er habe die Dokumente wegen Bedenken gegenüber den Militäraktionen der USA im Nahen Osten entwendet und weitergegeben. Sein Gewissen habe ihn zu der Erkenntnis gebracht, dass die Öffentlichkeit von den Dokumenten erfahren müsse. Nachdem die New York Times und die Washington Post kein Interesse gezeigt hätten, habe er die Dokumente an Wikileaks weitergeleitet.

„Ich war der Meinung, dass wir zu viel für Leute riskiert haben, die nicht kooperieren wollten, was zu Frustration und Feindseligkeiten auf beiden Seiten geführt hat“, zitiert Reuters aus Mannings Erklärung. „Die Situation, in die wir verstrickt waren, begann, mich zu deprimieren. Wir waren besessen davon, auf Listen aufgeführte Menschen zu fangen und zu töten, und haben unsere Ziele und Missionen ignoriert.“ Eine Debatte in der amerikanischen Öffentlichkeit hätte möglicherweise zu einer Neubewertung des „Kampfs gegen den Terrorismus“ geführt, der die menschliche Situation der Betroffenen ignoriert habe.

„Sie haben ihren Blutrausch offenbar genossen“, sagte Manning in Bezug auf ein von ihm an Wikileaks weitergegeben Videos. Es zeigt die Zerstörung eines Fahrzeugs durch US-Truppen, das einen verwundeten Reuters-Journalisten in ein Krankenhaus bringen wollte. Die Situation habe ihn an ein Kind erinnert, das eine Ameise mit einem durch eine Lupe gebündelten Lichtstrahl quält.

Auf eine mögliche Anklage der US-Regierung gegen Wikileaks dürfte Mannings Teilgeständnis wenig Einfluss haben. Wikileaks-Gründer Julian Assange befürchtet allerdings, dass Manning gezwungen werden könnte, gegen Wikileaks auszusagen. Sollte es den Ermittlern gelingen, eine „Verschwörung“ nachzuweisen, wären in einem Spionageprozess Argumente wie die Meinungsfreiheit kaum relevant.

Manning selbst gab an, er habe in verschlüsselten Internet-Chats mit jemandem gesprochen, der sich „Nathaniel“ nannte und möglicherweise Assange war. Niemand hätte ihn unter Druck gesetzt, die Geheiminformationen weiterzugeben. Das waren „meine eigenen Entscheidungen und ich übernehme die volle Verantwortung dafür“, sagte Manning laut eines Berichts der britischen Zeitung Telegraph.

Zu seinem Kontakt zum ehemaligen Hacker Adrian Lamo, der die Behörden auf Mannings Spur gebracht hat, äußerte er sich nicht. Lamo zufolge war sich Manning sicher, dass sein Chat-Partner Julian Assange war. Assange selbst jedoch bestreitet jeglichen Kontakt zu Manning oder „bradass87“ vor der Veröffentlichung der Geheimakten. Das von Wikileaks genutzte System erlaube es nicht, einen Informanten zu identifizieren.

[mit Material von Declan McCullagh, News.com]

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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