CISPA-Ergänzung: Heimatschutz darf Webtraffic und Mails abfangen

Ein jetzt vorgeschlagener Zusatz zum kontrovers diskutierten US-Gesetz CISPA würde die Heimatschutz-Ministerin Janet Napolitano ermächtigen, einen Großteil der Web- und E-Mail-Dienste „abzufangen“ und „Gegenmaßnahmen“ gegen Feinde im Internet zu ergreifen. Das Addendum stammt von der texanischen Abgeordneten Sheila Jackson und damit aus der demokratischen Partei.

Die Ministerin hätte somit die Autorität, ungeachtet aller Gesetze zu Privatsphäre und Überwachung alle Netzwerke der Regierung zu überwachen – neben denen von Carriern wie AT&T oder Verizon auch solche, die das FBI, das Weiße Haus und das Außenministerium betreiben. Jegliche Kommunikation dürfte sie „beschaffen, abfangen, aufbewahren, offenlegen und benutzen“. CISPA steht für Cyber Intelligence Sharing and Protection Act.

Die erneut korrigierte Version des Gesetzestexts (PDF) enthält weiter die für mittlerweile fast 800.000 Petenten so bedenkliche Formulierung „ungeachtet jeder anderen gesetzlichen Anordnung“. Es vergrößert die Gültigkeit erheblich und würde auch Netze betreffen, die von Vertragspartnern der Regierung oder Universitäten aufgesetzt wurden, etwa Internet2 und CENIC. Diese Einschätzung stammt von einem aufs Internet spezialisierten Anwalt, der aufgrund seiner Verbindung zu bestimmten Klienten nicht namentlich genannt werden möchte. Auch WLAN-Netze von Behörden und Netze in Häusern, die der Regierung gehören, würden wohl unter die Kontrolle des Heimatschutzes fallen.

Napolitano hatte schon 2010 gefordert, „wir brauchen Werkzeuge, um etwa das Anheuern von Terroristen über das Internet zu überwachen“. Ihr Projekt hieß damals noch „Einstein“ oder auch „National Cybersecurity Protection System“; erst vergangenen Monat beantragte sie dafür ein Budget in Höhe von 345 Millionen Dollar. Die American Civil Liberties Union nennt die jetzt vorliegende CISPA-Überarbeitung eine „verschärfte Version von Einstein“.

Die Ergänzung zu CISPA wird Basis einer Diskussion im Repräsentantenhaus sein, die am Donnerstag beginnt. Am Freitag soll es zu einer Abstimmung über CISPA kommen. Allerdings formiert sich auch in Politikerkreisen Widerstand; der republikanische Präsidentschaftkandidat Ron Paul nannte das Gesetz gestern „Big Brother großgeschrieben“, und 18 Demokraten haben dazu in einem Brief (PDF) Bedenken vorgebracht.

[mit Material von Declan McCullagh, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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