Firefox 5: schneller, stabiler, aber kaum neue Features

Heute ist die Version 5 von Firefox offiziell erschienen. Downloads der finalen Version sind bereits seit Samstag von den Mozilla-Servern möglich. Damit hat es fast auf den Tag genau drei Monate gedauert, bis nach Firefox 4.0 die nächste Version 5 erschienen ist.

Die kurze Entwicklungszeit kommt daher, dass Mozilla entschieden hat, nach der Version 4.0 für neue Versionen weniger Features zu definieren und sie dafür öfter herauszubringen. Mozilla folgt damit einem Entwicklungszyklus, den Google mit Chrome eingeführt hat. Auch die drei "Channels" Release, Beta und Aurora (Developer-Version) hat Mozilla von Google übernommen. Wer noch mutiger ist, kann sich auch Nightly-Builds herunterladen.

Dementsprechend darf man von Firefox 5 nicht zu viele neue Features erwarten. Doch was Mozilla nach drei Monaten abgeliefert hat, muss trotzdem auf den ersten Blick als Enttäuschung gewertet werden. Im Endeffekt beschränken sich die neuen Features auf die Unterstützung von CSS-Animationen, die unter anderem ermöglichen, Übergänge zwischen Bildern in Dia-Shows zu implementieren, ohne dass dafür komplexer Javascript-Code nötig ist.

Die anderen "neuen" Features entpuppen sich beim genaueren Hinsehen als Bugfixes und Performance-Verbessrungen, was aber nicht unterbewertet werden sollte. Die Funktion "Do not Track", die das Setzen von unerwünschten Cookies verhindern will, wurde lediglich an einen neuen Menüpunkt verschoben. Echte Sicherheit bietet sie nach wie vor nicht. Sie teilt dem Betreiber eines Servers lediglich mit, dass der Nutzer nicht ausspioniert werden will.

Der erweiterte Support für HTML5, XHR, SMIL und MathML beschränkt sich ebenfalls auf Bugfixing, wenn man die vollständige Liste aller Änderungen betrachtet. Für einige Sprachen wurde die Rechtschreibprüfung verbessert. Die Linux-Version unterstützt nun die globalen Menüs der Oberflächen Unity und Gnome 3. Das hatte aber Canonical in Ubuntu 11.04 bereits für Firefox 4.0 implementiert.

Nach einiger interner Diskussion hat Mozilla den Channel-Switcher entfernt, mit dem man zwischen Release, Beta und Aurora wechseln kann. In der Praxis habe sich gezeigt, dass die User nicht wechseln wollten, sondern lieber mehrere Versionen von Firefox nebeneinander installiert haben möchten, lautet die Begründung.

Eine wichtige Performance-Anpassung hat Mozilla bei Background-Tabs vorgenommen. Timer können nur noch einmal pro Sekunde feuern und nicht wie vorher alle zehn Millisekunden. Seiten, die nicht sichtbar sind, in denen aber eine Animation läuft, werden künstlich verlangsamt. Das schränkt Tabs, die nicht sichtbar sind, stark ein und reduziert eine unnötige CPU-Belastung.

Bei WebGL wurde die Sicherheit verbessert. Es ist jetzt nicht mehr möglich, Textures von fremden Domains einzubinden. Dadurch war es unter bestimmten Bedingungen möglich, falsche 3D-Daten unterzuschieben. Die virtuelle Dame aus Googles Body-Browser hätte beispielsweise so verändert werden können, dass sie als Aktmodell dargestellt wird.

Performance und Speicherverbrauch

Ferner führt Mozilla Performance-Verbesserungen bei Javascript, Canvas-Elementen, Speichernutzung und Netzwerk-I/O an. Bei Firefox ist vor allem der große Speicherhunger problematisch. Hier haben die Mozilla-Entwickler einiges an Hausaufgaben zu machen, um mit den Konkurrenten Internet Explorer, Chrome und Safari mithalten zu können. Dieses Problem hat Mozilla durchaus erkannt und deswegen extra ein MemShrink-Projekt ins Leben gerufen.

Erste Erfolge stellen sich bereits ein: Im Gegensatz zu Firefox 4.0.1 konnte ZDNet einen deutlich geringeren Speicherverbrauch feststellen. Noch immer liegt Firefox weit hinter seinen Konkurrenten zurück. Es zeigt sich ein ähnliches Bild unter Windows und Mac OS X.

Wenn sich der Trend jedoch kontinuierlich fortsetzt, darf man erwarten, dass der neue Entwicklungszyklus bald Früchte trägt und Firefox möglicherweise sogar zu den Spitzenreitern Chrome und IE9 aufschließt.

Die Performancesteigerung von Javascript darf man ebenfalls nicht unterschätzen. In zahlreichen Presseberichten war bereits zu lesen, dass Firefox 5 keine Performance-Steigerung bringt. Die Messungen wurden meist mit dem Sunspider-Benchmark 0.92 durchgeführt.


Dieses Ergebnis bestätigt sich auch im ZDNet-Test. Unter Mac OS X misst ZDNet zwar eine um vier Millisekunden bessere Performance, die jedoch im Bereich der Messtoleranz liegt.

Allerdings lag Firefox zum einen bereits in der Version 4.0.1 ganz vorne und wurde nur von IE9 geschlagen, zum anderen ergeben weitere Tests, dass Mozilla mit der Version 5.0 durchaus signifikante Performancesteigerungen erzielen kann.


Im Futuremark-Peacekeeper-Test zeigt sich, dass Firefox 5 durchaus gegenüber seiner Vorgängerversion aufholt. Es ist nicht zu verhehlen, dass Firefox im Vergleich mit den anderen großen Browsern das schlechteste Ergebnis liefert. Allerdings geht auch hier der Trend in die richtige Richtung.

Umstellung auf neuen Entwicklungszyklus problematisch

Der ein oder andere Firefox-Nutzer mag von den nur geringen Verbesserungen enttäuscht sein und ist der Meinung, dass die bestenfalls die Versionsnummer 4.1 angemessen gewesen wäre, aber man muss Verständnis dafür aufbringen, dass das auch logische Folge der Umstellung des Entwicklungsprozesses ist. Bis zum Erscheinen von Firefox 4.0 hatten alle Entwickler an dieser Version gearbeitet. Erst danach haben sie begonnen, weitere Features zu programmieren.

Viele dieser neuen Features lassen sich nicht realistisch in drei Monaten implementieren. Man kann frühestens damit rechnen, dass sie in Firefox 7 oder 8 zu sehen sein werden. Google hat die Entwicklungszyklen seines Chrome-Browsers schon immer kurz gehalten, so dass Entwickler seit langem an Features arbeiten, die dann in den Dev-Versionen von Chrome 13 oder 14 irgendwann auftauchen und eventuell mit about:flags erst freigeschaltet werden müssen.

Es ist unmittelbar klar, dass Mozilla zu diesem Zeitpunkt keine halbfertigen und experimentellen Features "auf Lager" hat, um sie in Nightlys oder Aurora-Versionen dem Nutzer bereits anzubieten. Hier müssen sich Firefox-Fans einfach einige Versionen gedulden. Man darf vermuten, dass es ab Firefox 7 oder 8 deutlich mehr zusätzliche Features mit jeder neuen Version gibt.

Das Ein-Prozess-Problem

Anders als Chrome und Internet-Explorer verwendet Firefox nach wie vor nur einen Prozess für alle Tabs. Das hat sich auch mit Firefox 5 nicht geändert. Meist wird angeführt, dass darunter vor allem die Stabilität leide. Stürzt ein Tab ab, etwa wegen eines schlecht programmierten Plug-ins, muss der Browser komplett geschlossen werden.

Das Ein-Prozess-Modell hat aber weitere Nachteile: Wenn ein Plug-in installiert wird, muss der Browser neu gestartet werden, damit es aktiviert werden kann. Dasselbe gilt, wenn der Browser ein bestehendes Plug-in aktualisiert, was in der Regel automatisch passiert. Wer verschiedene Add-ons ausprobieren und möglicherweise wegen Nichtgefallen wieder deinstallieren möchte, ärgert sich verständlicherweise darüber.

Bei einem Mehr-Prozess-Modell, wie es etwa Chrome verwendet, lassen sich Plug-ins im Masterprozess installieren. Wenn ein Tab aktualisiert (Refresh-Button) wird, weiß der Masterprozess, dass mindestens ein Add-on installiert oder entfernt wurde und startet für diesen Tab vom Benutzer unbemerkt einen neuen Prozess, der die aktuelle Add-on-Konfiguration berücksichtigt.

Hier hat Mozilla für die kommenden Versionen auf jeden Fall Hausaufgaben zu machen. Ferner muss damit gerechnet werden, dass bei der Umstellung auf ein Mehr-Prozess-Modell viele Add-ons aktualisiert werden müssen, weil die alten Versionen nicht mehr laufen. Dieses Problem gibt es beim Wechsel von Version 4.0.1 auf 5 praktisch überhaupt nicht.

Startzeiten

Wenig Verbesserungen gibt es bei den Startzeiten. Nach dem Klick auf das Firefox-Symbol dauert es einfach zu lange, bis der Browser auf dem Bildschirm sichtbar ist und benutzt werden kann.

Hier vertröstet Mozilla die Firefox-Nutzer auf Version 7 und kündigt einen "Startturbo" an. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich jedoch um eine Mogelpackung. Wie viele andere Anwendungen auch installiert es einen Preloader, der große Teile des Browsers bereits beim Systemstart in den Speicher lädt.

Dadurch wird jedoch nur die lange Ladezeit vom Browserstart auf den Systemstart verlagert. Berücksichtigt man, dass viele andere Programme ebenfalls Preloader und Quick-Starter nach dem gleichen Prinzip einsetzen, ergibt sich folgendes Szenario: Der Systemstart wird zunächst auf ein unerträgliches Maß verlangsamt. Da Windows feststellt, dass die geladenen Module derzeit nicht gebraucht werden, schreibt es sie in den Swapfile pagefile.sys, um Platz für andere Programme zu schaffen. Beim Start von Firefox werden dann viele Teile statt aus firefox.exe aus pagefile.sys geladen, was nahezu keinen Unterschied macht.

Hier sollte Mozilla mit besseren Konzepten ans Werk gehen. Andere Browser wie Chrome, Safari und Opera bekommen auch einen schnellen Start hin, ohne Preloading einzusetzen.

Fazit

Die neue Version 5 von Firefox sticht nicht durch zahlreiche neue Features heraus. Das heißt jedoch nicht, dass die Entwickler nichts oder nur wenig am Browser verändert haben. Im Gegenteil, beim Speicherverbrauch und bei der Performance zeigen sich viele messbare Verbesserungen.

Die fehlenden Features sind der Umstellung des Entwicklungsprozesses auf kürzere Release-Zyklen geschuldet. Anders als bei Google, dass von Anfang an mit kurzen Release-Zeiten arbeitet, stehen keine Features zur Verfügung, die man experimentell in Beta- und Aurora-Build freischalten könnte. Das muss sich erst über einige Versionen einspielen.

Ferner ist es Mozilla hoch anzurechnen, dass es vor allem damit begonnen hat, Hausaufgaben zu machen und nicht unbedingt auf Show-Effekte aus ist, die sich bei einer Demo gut machen, aber im Nachhinein als instabil herausstellen. Wenn man einmal ganz ehrlich ist, kann man von Features wie MathML, SMIL und XHR derzeit noch wenig profitieren. Außer ein paar Demo-Websites findet man kaum Seiten, die davon Gebrauch machen.

Firefox 5 überzeugt durch innere Werte. Das Upgrade von Version 4.x ist ein ein Muss.

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ZDNet.de Redaktion

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