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Mogelpackung: Gute Geschäfte mit grün angestrichener IT

Die Werbemaschinerie läuft auf Hochtouren. Grüne Informationstechnik ist in, insbesondere in den USA. Längst sind die Trittbrettfahrer Legion. So sehr man jeden ökologischen Fortschritt begrüßt, so nahe liegt der Verdacht, dass wieder einmal nur eine neue, diesmal grün angestrichene Sau durchs globale IT-Dorf getrieben wird. Geschickt nutzen die Marketiers, dass die drohende Klimakatastrophe nach dem UN-Bericht nun quasi amtlich und selbst von der Bush-Administration nicht mehr zu leugnen ist. Sollen sie doch, möchte man sagen, solange es der Umwelt nutzt.

Endlich scheint Ökologie auch in der IT-Branche ernst genommen zu werden. Über ein Jahrzehnt verursachten die Initiativen von IBM und Fujitsu-Siemens über abbaubare oder wiederverwertbare Rechnerkomponenten – außer bei Randgruppen – ein gelangweiltes Gähnen. Dass kürzlich Apple zu Recht wegen der giftigen Stoffe in seinen Design-Geräten gerügt wurde, hatte mindestens so viel mit dem Neid der Konkurrenten gegen den Erfinder der schicken Imacs, Ipods und Iphones zu tun, als mit dem erwachten ökologischen Bewusstsein. Denn anders als dem Ex-Vizepräsidenten Al Gore geht es der Branche weniger um den Ausstoß von Treibhausgasen, als um die unaufhaltsam wachsenden Energiepreise. Venezuelas Verstaatlichung des Ölhandels, die verflogenen Hoffnungen auf billiges irakisches Öl sowie der preistreibenden Energiehunger von China und Indien haben weit mehr bewirkt als die Hurrikan-Katastrophe in New Orleans oder die kalifornischen Energiekrisen zur Jahrtausendwende. Kurz: Es geht vorrangig um Kosten, nicht um Ökologie.

Besonderes grell blendet das Öko-Marketing die Öffentlichkeit im PC-Umfeld. Dabei verbrauchen laut einer Meldung des Wall Street Journal die Milliarden PCs weltweit kaum zwei Prozent der Energie. Kein Unternehmen wagt sich noch ohne „grüne“ Produkte an den Markt. So verpflichtet Dell seine tausende von Zuliefererfirmen unter dem Schlagwort „Zero Carbon“, ihren CO2-Ausstoß offenzulegen, um ihnen auf Basis dieser Informationen eine „grüne“ Strategie aufbrummen zu können. Vom Softwerker Microsoft über Gehäusebauer (Antek) bis hin zur Modemindustrie (AVM) stehen längst alle auf dem Trittbrett des Energiesparzugs.

Die eben mit großem Medienecho von Google und Intel angekündigte PC-Energiespar-Initiative zeigt wohin es geht. Mit dabei sind aber auch AMD, Dell, HP, IBM, Microsoft und Sun. Zusammen schlagen sie Maßnahmen vor, die die Effizienz von derzeit 65 Prozent auf bestenfalls 95 Prozent erhöhen sollen. Das Milchmädchen errechnet, dass sich so der weltweite Verbrauch um ein halbes Prozent senken ließe, wenn schlagartig alle Welt mit den neuen Geräten arbeiten würde. Selbst in diesem unwahrscheinlichen Fall – der gewaltige elektronische Müllberge zur Folge hätte – ergäbe sich so eine jährliche Einsparung pro PC um 20 Cent, wenn die Initiatoren mit ihrer Rechnung richtig liegen, dass ein PC derzeit jährlich Strom im Wert von 40 Dollar verbraucht. Tatsächlich dürfte die Einsparung weit niedriger liegen und zudem von den steigenden Strompreisen aufgefressen werden – vor allem aber durch die Mehrkosten für den Rechner, die bei 20 bis 30 Dollar liegen sollen, die wir aber der Umwelt zuliebe sicher gern zahlen. Und wer weiß, vielleicht lässt sich mit dem Umweltargument ja sogar der Preisverfall im PC-Geschäft ein wenig bremsen.

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ZDNet.de Redaktion

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