Sun und das Drama um die quelloffene Software

Sun Microsystems galt an der Wall Street jahrelang als nicht besonders clever. Das Unternehmen verstand es nämlich nicht, aus seinen cleveren Erfindungen vollen Profit zu schlagen – insbesondere bei der Software. Nun verfolgt Sun eine neue Stategie, die, mit zwei Worten beschrieben werden kann: Open-Source. Ob die Wall Street dies für cleverer hält?

Das Unternehmen hat den Quellcode seines Unix-Betriebssystems Solaris offen gelegt. Sun-CEO Jason Schwartz – der selbst aus dem Software-Bereich kommt – kündigte zudem an, die gesamte Produktpalette in den Open-Source-Bereich zu überführen, einschließlich des Java-Programmpakets. Außenstehende haben Sun schon lange gedrängt, dies zu tun. Der Grundgedanke besteht darin, alteingesessenen Softwareanbietern Marktanteile abzujagen, indem man das Potenzial des Open-Source-Geschäftsmodells für sich einsetzt. Dabei wird die Software kostenlos abgegeben, der Anbieter berechnet nur für zusätzliche Dienstleistungen Geld.

Rich Green, Executive Vice President of Software bei Sun, ist mit der Aufgabe betraut, diesen Plan in die Realität umzusetzen – und zwar möglichst profitabel. Im Mai kehrte er in das Unternehmen zurück, nachdem er zwei Jahre bei einem Startup-Unternehmen gearbeitet hatte. Gegenüber CNET/ZDNet wiederholte Green das Sun-Mantra, wonach der Quellcode von Java „recht bald“ offen gelegt werde. Zudem erklärte er, wie das Unternehmen unter den Darwinschen Bedingungen in der Softwarebranche zu bestehen gedenkt.

ZDNet: Herr Green, Ihr primäres Ziel derzeit ist es, Suns Übergang zu Open Source zu beschleunigen. Wie weit sind Sie mit diesem Prozess?

Green: Als Jonathan (Schwartz) anrief und mir die Möglichkeit bot, zurückzukehren, schien es mir, als ob Sun sich komplett verändert hat. Jetzt wird es von einer Person (Schwartz) geführt, die viel Wert auf Software legt. Es gab viele Fortschritte, was die Offenlegung des Quellcodes von Solaris betrifft. Neu ist auch der Erfolg der Netbeans-Entwickler-Community, der Übergang der Sparc-Architektur zur CMT (Chip Multithreading)-Technologie, die Erkenntnis, das die Welt nicht nur aus Sparc besteht und der Vertrieb von X64-Rechnern.

Sun schien mir nun ein Unternehmen zu sein, das seine Glaubenssätze zu einem großen Teil hinter sich gelassen hat. Es konzentriert sich nun mehr auf den aktuellen Hardware-Software-Services-Lifestyle.

ZDNet: Seit Jahren hört man, dass Sun ein Hardware-Unternehmen ist. Dass es nichts weiter im Sinn hat, als mehr Server zu verkaufen. Wollen Sie behaupten, dass Sun heute eine neue Philosophie verfolgt und Software darin die Hauptrolle spielt?

Green: Nun, die Wahrheit liegt in der Mitte. Ich denke schon, dass Sun in der Vergangenheit eine Tendenz zum reinen Hardware-Unternehmen hatte. Heute ist die Lage viel ausgeglichener. Wir sind ein großes Unternehmen und können es uns erlauben viele Dinge gut zu machen. Ich werde mich also nicht hier hinsetzen und sagen „Wir machen jetzt Software anstelle von Hardware.“ Ich sage aber, dass wir Software zu einer gleichberechtigten Komponente im Geschäftsmodell von Sun ausbauen können und diesen Bereich ganz bestimmt nutzen werden, um die Verkaufszahlen bei den Systemen positiv zu beeinflussen.

ZDNet: Sie sagten, dass Solaris das Kernstück der Software-Strategie sei. Weshalb ist das so? Ich glaube, dass viele Leute der Ansicht sind, dass Java stärker mit der Marke Sun assoziiert wird als Solaris.

Green: Ich glaube, dass Sie tatsächlich Recht haben. Es ist schwierig zu sagen, welches der beiden wichtiger als das andere ist. Heutzutage gibt es ja bereits auf Ebene der Betriebssysteme viel Konkurrenz, es ist also nicht so, dass Java mehr oder minder relevant ist, es ist gleichwertig.

Man hat schon immer und überall die technische Fertigkeit von Solaris anerkannt. Ich glaube, die Offenlegung von Solaris hat es vielen gestattet, eine tiefere Wertschätzung dafür zu entwickeln. Jetzt kann man ja den Code einsehen, ihn verwenden, etwas hinzufügen … das ist eine ganz neue Erfahrung.

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ZDNet.de Redaktion

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