3GSM: Software beschleunigt UMTS-Netze

Es scheint, als hätte sich die Mobilfunkbranche abgesprochen: In jedem Vortrag, jeder Diskussion, jedem Gespräch auf der diesjährigen Leitmesse 3GSM spielte der neue UMTS-Beschleuniger HSDPA eine zentrale Rolle. Hinter dem sperrigen Begriff „High Speed Downlink Packet Access“ (HSDPA) verbirgt sich vereinfacht gesagt eine Software für Mobilfunknetze, die den Datenaustausch per Funk auf dasselbe Leistungsniveau heben soll wie DSL-Anschlüsse im Festnetz.

„HSDPA befindet sich zwar noch in der Testphase. Doch diese Technologie ist deshalb so relevant, weil sie dafür sorgt, dass unsere Kunden erstmals alles, was sie heute mit DSL im Festnetz machen, auch im Mobilfunknetz erleben können“, sagt Hamid Akhavan, Chief Technology Officer von T-Mobile International.

Möglicherweise wird dann endlich wahr, was die Mobilfunkbranche schon bei der Einführung von UMTS versprochen hat: Breitband- Internetzugang über mobile Endgeräte. Denn Anstelle der ursprünglich kolportierten zwei Megabit pro Sekunde kommen UMTS-Netze nicht über Datenraten von 384 Kilobit pro Sekunde hinaus – und selbst die werden nicht immer erreicht. Durch spezielle Modulationsverfahren macht HSDPA bei der Datenübertragung theoretisch Geschwindigkeiten von bis zu 14 Megabit pro Sekunde möglich. Das bedeutet: Videoempfang, Musikdownloads und Surfen zur selben Zeit. Zum Vergleich: DSL-Anschlüsse im Festnetz liefern heute zwischen einem und drei Megabit pro Sekunde.

„Doch die Labordaten der Netzausrüster sind für uns nicht relevant“, bremst O2-Deutschland-Chef Rudi Gröger die Euphorie der Anbieter. Denn der Pferdefuß ist, dass mit steigender Zahl der Internetnutzer in einer Zelle des Mobilfunknetzes die Übertragungsrate in den Keller geht. „Wir müssen aber auch zum Beispiel in einem Studentenwohnheim mit erfahrungsgemäß starker Internetnutzung bestimmte Qualitätsstandards halten“, so Gröger. O2 rechnet deshalb für das eigene Netz mit Geschwindigkeiten zwischen einem und 1,5 Megabit pro Sekunde.

Mikael Bäck, verantwortlicher Manager für UMTS-Netztechnik beim schwedischen Netzausrüster Ericsson ist in diesem Punkt optimistischer: Ab der zweiten Jahreshälfte werden PC-Einsteckkarten auf den Markt kommen, die 3,6 Megabit pro Sekunde unterstützen. Auf der 3GSM-Messe in Cannes demonstrierte Ericsson gar mit einem für den kommerziellen Einsatz konzipierten Netz Übertragungsraten von 11 Megabit pro Sekunde.

Im Rennen um HSDPA mischt auch der deutsche Siemens-Konzern kräftig mit. Siemens präsentierte als erster Netzausrüster neben entsprechender Netztechnologie auch eine HSDPA-Karte für Notebooks, die Übertragungsraten bis zu zwei Megabit pro Sekunde unterstützt. Damit beansprucht Siemens für sich, als erster Anbieter, „eine komplette Lösung“ bis hin zum Endkunden zu haben.

Doch der Wettbewerb zwischen den Ausrüstern hält sich in Grenzen, da es kaum neue Kunden zu gewinnen gilt. Die Aufrüstung der Netze bei den Netzbetreibern übernimmt der Ausrüster, der auch das UMTS-Netz geliefert hat. Diese Aufträge dürften den Ausrüstern allerdings sicher sein. „Wir gehen davon aus, dass 100 Prozent unserer Kunden ihre UMTS-Netze mit HSDPA aufrüsten werden“, sagt Ericsson-Manager Bäck.

Für viele der UMTS-Netzbetreiber ist die Nachrüstung der Netze mit einem vergleichsweise geringen Aufwand verbunden. Bei der Installation der meisten UMTS-Netze war die Weiterentwicklung zu größeren Bandbreiten bereits geplant. Daher sind viele Basisstationen dafür bereits ausgelegt.

Die Netzbetreiber wollen HSDPA so schnell wie möglich einführen. „Wir gehen davon aus, dass es Anfang kommenden Jahres die Marktreife erreicht hat“, sagt T-Mobile Cheftechniker Hamid Akhavan. Ein exaktes Datum für den Start will er noch nicht nennen. „Wir werden aber auf jeden Fall einer der ersten sein, die mit HSDPA in den Markt gehen wird“, kündigte Akhavan an.

„Wir werden HSDPA im Laufe des Jahres 2006 in unserem Netz anbieten“, sagt O2-Chef Rudolf Gröger. Allerdings verfolgt O2 dabei eine eigene Strategie. „Wir führen in Kürze ein Produkt für das Internetsurfen über Mobilfunk für zu Hause ein“, erklärt Gröger. Dabei überträgt ein Sender innerhalb der Wohnung die Daten über WLAN (Wireless Local Area Network) und nach außen des Hauses über eine UMTS-Verbindung, die die Daten über das Mobilfunknetz weiterleitet. „Durch HSDPA steigt vielleicht der Anreiz, auf einen Festnetzanschluss ganz zu verzichten“, hofft Gröger.

ZDNet.de Redaktion

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