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Einsam stöckelt Carly Fiorina davon

Ist also Carly Fiorina angesichts dieser Leistung eine tragische Heldin? Ja, weil sie unangenehme Aufgaben angepackt hat, und die Feindschaft vieler in Kauf genommen hat, um HP in eine neue Zeit zu führen.

Nein, weil sie diesen Sieg teuer erkauft hat, vielleicht zu teuer. Fiorina ist nicht die charismatische Visionärin, als die sie oft bezeichnet wurde. Sie ist vielmehr eine knallharte Wirtschaftlerin, die nach Lehrbuch vorgeht, beziehungsweise nach erfolgreichen Branchenvorbildern. Vom ersten Tag an hat sie daher versucht, HP nach dem Vorbild der IBM zu einem Dienstleistungskonzern umzubauen. Services sollten als Klammer für die vielen Techniken im Unternehmen dienen. Deshalb galt eine ihrer ersten Aktionen dem Werben um PricewaterhouseCoopers (jetzt bei IBM). Als diese Form des Einstiegs in den Dienstleistungsmarkt scheiterte, tauchte die Idee eines Megamergers auf, um so an Know-how und kritische Masse zu kommen – auch diese Idee kann als eher gängiges Erfolgsrezept aus dem Wirtschaftshandbuch gelten, denn als Vision. Das Besondere an dem Deal waren lediglich Zeitpunkt und Größe, vor allem aber die stahlharte Konsequenz mit der sie die Fusion durchgezogen hat.

Zu den Opfern dieser Konsequenz gehörte vor allem die Firmenkultur des HP-Way, die die Selbstständigkeit und Verantwortung jedes Mitarbeiters betonte. Stattdessen präsentiert die neue Chefin den von Entlassung bedrohten Mitarbeitern das „Adaptive Enterprise“ – eine an sich gar nicht so schlechte Idee, hätte sie es nicht trivialdarwinistisch damit begründet, dass nicht die Klügsten und Stärksten, sondern die Anpassungsfähigsten überleben würden. Was liegt für Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, näher als darin den Hinweis zu sehen: „Wer nicht kuscht, fliegt“. Es sind wohl diejenigen die Carly „überlebt“ haben, die jetzt feiern, dass die resolute Dame endgültig davonstöckelt.

Schlimmer als das abgekühlte Betriebsklima mag im Vorstand gewogen haben, dass es Fiorina nicht gelungen ist, ihre selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Service hätte zur Klammer für die vielen Techniken von HP werden sollen. Insofern war es ein herber Rückschlag als vor kurzem das Konzept des Utility Data Center (UDC) aufgegeben werden musste. Darin hatte der Konzern eine zukunftsträchtige Triebfeder für Technologie-Services gesehen. Doch die Kunden waren einfach nicht bereit, das Rechenzentrum aus der Hand zu geben, schon gar nicht, wenn der Dienstleister für teures Geld noch recht unreife Technik installiert.

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ZDNet.de Redaktion

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