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Windows-ist-billiger-als-Linux Reloaded

Auf ausgeprägte Skepsis stieß heute eine in München vorgestellte Studie, die von Microsoft Deutschland beim Beratungsunternehmen Infora in Auftrag gegebenen worden war. Darin wird behauptet, dass „bei einer Vielzahl deutscher Unternehmen eine Umstellung der Betriebssystemplattform von Windows NT auf Microsofts aktuelle Betriebsystemplattform (…) Kostenvorteile gegenüber einer vollständigen Umstellung auf Linux bietet“. In anderen Worten: Für Unternehmen ist es billiger bei Windows zu bleiben als auf das Open Source-Betriebssystem umzusteigen.

Laut Infora kann der Kostenvorteil bis zu 26 Prozent betragen. Vorausgesetzt allerdings, dass fragliche Unternehmen zieht zu 100 Prozent um: Auch alle Anwendungen auf dem Client müssen Open Source sein. Was in der Realität selten der Fall sein wird. Aber Infora-Sprecher Mario Wendt beharrte trotz Widerspruchs auf dieser „reinrassigen Betrachtung“.

Grundlage der Studie bildete eine Untersuchung von Techconsult, in der Informationen über Infrastrukturen von über 3000 deutschen Unternehmen verschiedener Größenordnungen zusammengetragen wurden. „Wir haben aber kein konkretes Unternehmen befragt“, räumte der Infora-Mitarbeiter Joachim Bieniak ein. Auf dieser Basis entwickelte das Beratungsunternehmen zwei „typische“ Infrastrukturszenarios. Eigentlich sind sie — wie gesagt — untypisch, aber darauf kam es Microsoft offenkundig nicht an. Denn eine Migration nach dem der Studie zugrunde liegenden Modell wäre wahrscheinlich der wirtschaftliche Tod eines Unternehmens, mit Sicherheit aber würde es den CIO den Kopf kosten: Schließlich hat er gerade alle bereits bezahlten Anwendungen inklusive Office und Explorer über Bord geworfen und sich mit einer komplett neuen Infrastruktur aus Nürnberg eingedeckt.

„Die Applikationen sind das Zünglein an der Waage“, erklärte Wendt. „Denn ein Umstieg macht nur Sinn, wenn der Anwender weiterarbeiten kann wie bisher.“ Daher wurden innerhalb der Studie „Qualitätspunkte“ für Applikationen vergeben: Microsoft-Produkte wie MS Office 97/2000 oder Outlook 98/2000 erhielten durch die Bank bessere Ergebnisse als vergleichbare Open Source-Produkte. Schließlich sei der Anwender diese ja bereits gewohnt. Hinzu komme, dass für noch nicht als Open Source vorhandene Lösungen „Übergangslösungen“ nötig seien — was die Migration zusätzlich verteuere. Prinzipiell gelte aber: „Windows und Office bieten eine bessere Funktionalität als Linux und Open Office“, so Wendt. „Dessen muss man sich einfach klar sein.“

Weiterhin stellten die Berater den zusätzlichen Arbeitsaufwand in Rechnung, den ein Administrator bei einem Umstieg bewältigen müsse. „Das fließt in die Bewertung wesentlich ein“, erklärte Wendt. Das Fazit der Studie überraschte daher nur wenig: „Wir stellen eine explosionsartige Kostenentwicklung bei einer Migration von Windows auf Linux fest“, beteuerte Wendt. Allerdings räumte auch er ein: „Die qualitativen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Migration werden entscheidend beeinflusst durch die Ausgangsszenarien und die homogene Auaprägung der Infrastrukturalternativen in Richtung Windows oder Linux. Ein ‚grüner Wiese-Ansatz‘ und heterogene, also gemischte Infrastrukturanalysen können zu anderen Ergebnissen führen.“

Erst im vergangenen Monat hatte Microsoft-Manager Peter Houston eine von IDC erstellte Studie zu den Kosten von Windows im Vergleich zu den von Linux nahe zu bringen. An selber Stelle wie Infora verbreitete er standhaft sein Credo: „Linux hat nur beim Web Serving Vorteile – und das auch nur, bis Windows Server 2003 auf den Markt kommt.“ Im High End-Bereich, dort wo sich IBM und andere Kaliber tummeln, habe Windows im Bezug auf die Total Cost of Ownership (TCO) eindeutig die besseren Karten.

Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) bietet die zusammengefasste Studie in deutscher Sprache als 318 KByte großes „.pdf„-Dokument zum Download an. Auch die Infora-Studie steht zur Einsichtnahme bereit .

Suses Unternehmenssprecher Christian Egle erklärte bereits vor wenigen Wochen zu der IDC-Strudie: „Microsoft hat nur wahr gemacht, was Sie bereits in den so genannten Halloween-Papieren angekündigt haben: sie werden versuchen, Linux mit TCO-Argumenten anzugreifen.“

ZDNet.de Redaktion

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