Noch immer Unklarheit bei Mitnahme der Handy-Nummer

Millionen Handynutzer halten ihrem Mobilfunk-Anbieter die Treue, denn ein Wechsel bedeutete auch immer eine neue Rufnummer. Für Privat- und Geschäftskunden hieß das: Visitenkarten und Briefpapier ändern und allen Verwandten, Bekannten und Geschäftspartnern die neue Nummer mitteilen. Damit ist ab dem 1. November Schluss. Dann können Handykunden ihre alte Nummer bei einem Betreiberwechsel behalten.

Technische Probleme hatten den Start der schon im Telekommunikationsgesetz von 1996 geforderten Rufnummern-Mitnahme immer wieder verzögert. Freilich machen T-Mobile, Vodafone und Co. ihrer wechselwilligen Kundschaft den Abschied nicht zu einfach: Der Vertrag muss fristgerecht gekündigt werden. Da Handyverträge oft eine Laufzeit von zwei Jahren haben, werden sich viele gedulden müssen. Erst mit der Kündigungsbestätigung vom alten Anbieter kann ein neuer Vertrag mit der alten Rufnummer unterschrieben werden.

Doch Scheiden tut weh: Die Mobilfunkanbieter bitten ihre abtrünnigen Kunden beim Wechsel mit Rufnummern-Mitnahme zur Kasse. Wie hoch der Preis sein wird, lässt sich erst wenigen Anbietern entlocken. So hat Vodafone eine Gebühr in der Größenordnung von 30 Euro in Aussicht gestellt. T-Mobile nennt als erster Anbieter einen genauen Preis von 24,95 Euro. O2 hingegen hält einen Betrag zwischen acht und zwölf Euro für realistisch. Bei E-Plus herrscht drei Wochen vor dem Start weiter Stillschweigen über die Höhe der Gebühr.

Den Vorwurf, Kunden durch hohe Wechselkosten abschrecken zu wollen, weisen die Anbieter zurück: „Unser Preis ist sauber gerechnet“, sagt T-Mobile-Sprecher Philipp Schindera. Laut Regulierungsbehörde dürfen die Anbieter den Kunden nur solche Kosten berechnen, die einmalig beim Wechsel anfallen. Die entstehen hauptsächlich beim Eintrag der Daten in eine zentrale Datenbank. Die von der Telekom-Tochter T-Systems entwickelte Datenbank ist das technische Herzstück der Nummern-Mitnahme. Alle Mobilfunkbetreiber tragen hier ein, in welches Netz etwa der vormalige Kunde gewechselt ist.

Damit wird der alte Anbieter komplett übersprungen. Bislang war an der Vorwahl zu erkennen, in welches Netz der Anruf geht. Das war auch gut so, denn in den meisten Tarifen sind Telefonate in ein fremdes Netz wesentlich teurer als netzinterne Verbindungen. So kostet etwa ein Gespräch im Vodafone-Netz mit dem Fun-Tarif zu Hauptzeit 29 Cent pro Minute, in ein externes Netz fallen 69 Cent an. „Die Transparenz geht durch die Rufnummern-Mitnahme ein Stück weit verloren“, räumt Schindera ein. Überraschungen sind bei der Telefonrechnung also künftig nicht ausgeschlossen.

Die Anbieter wollen auf andere Weise für Transparenz sorgen: Bei T-Mobile und Vodafone soll es eine Sevicenummer, bei O2 eine SMS-Abfrage geben, bei der Handy-Nutzer kostenlos nachfragen können, welches Netz der Gesprächspartner benutzt. T-Mobile bietet zusätzlich eine kostenpflichige Abfrage per SMS oder WAP. Eine automatische Ansage bei jedem Anruf, der in fremde Netze geht, wird es wohl nicht geben. „Unsere Marktforschung hat ergeben, dass die Kunden davon genervt wären“, sagen T-Systems und O2-Sprecher übereinstimmend.

Praxistauglich scheinen die Konzepte dennoch nicht. Wer möchte schon vor jedem Anruf eine SMS verschicken und auf Antwort warten oder die Hotline anrufen. Die Betrieber sehen hier ohnehin kein größeres Problem: „Bei den vielen Vorwahlen wissen die meisten Handynutzer schon heute nicht mehr, welches Netzt dahinter steckt“, sagt Schindera.

Darüber müssen sich Kunden von O2 mit der Mobile-Option und bei E-Plus mit den Time & More-Tarifen keine Gedanken machen: Hier gilt ein Tarif in alle Mobilfunknetze. Anbieter, die später als die Platzhirsche T-Mobile und Vodafone gestartet sind, blicken dem 1. November optimistisch entgegen. „Wir werden davon profitieren“, sagt O2-Sprecher Roland Kuntze selbstbewußt. Doch auch bei den Vorreitern gibt man sich betont gelassen: „Erfahrungen aus dem Ausland belegen, dass es keine hohe Wechselbereitschaft gibt“, sagt Vodafone-Sprecherin Amelie Döbele.

ZDNet.de Redaktion

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