Mobilcom: Streit mit France Télécom geht weiter

So hatten sich Gerhard Schmid und Michel Bon ihre deutsch-französische Zusammenarbeit nicht vorgestellt: Mit Milliardensummen stützte Bons France Télécom vor zwei Jahren den Kauf der UMTS-Lizenz durch Schmids Firma Mobilcom (Börse Frankfurt: MOB). Auf dem Umweg über den als Zukunftsmarkt geltenden Multimedia-Mobilfunk sollte ein Telefonriese entstehen, der nicht nur der Deutschen Telekom (Börse Frankfurt: DTE) das Fürchten lehren wollte.

Noch bevor das Großprojekt an den Start geht, sind die Partner am Rande des Bruchs. Der Machtpoker zwischen Schmid und dem um sein Geld bangenden Bon geht mit der Mobilcom-Aufsichtsratssitzung am Mittwoch in die entscheidende Phase. Der Ausgang gilt als offen.

Der öffentlich ausgetragene Streit hat längst die Züge eines Rosenkrieges angenommen. Immer wieder sickern aus Paris vertrauliche Informationen durch, die der ehrgeizige Schmid dementieren lässt, um seinerseits mit der Offenlegung peinlicher Einzelheiten zu drohen. In Nebenrollen treten die Ehefrau des 49-jährigen Firmenchefs, Sybille Schmid-Sindram, auf, dazu Bons langjähriger Getreuer Vianney Hennes, der seinen Posten als Mobilcom-Vorstand vor zweieinhalb Wochen ohne Angabe von Gründen räumte.

Und im Hintergrund steht der französische Staat, Mehrheitseigentümer von France Télécom und wenig erbaut ob des Milliarden-Gezerres. Sind die von deutscher Seite gestreuten Informationen richtig, kann Schmid rein rechtlich wenig passieren. Denn France Télécom kaufte dem Partner aus dem schleswig-holsteinischen Büdelsdorf im August 2000 nicht nur bei der spektakulären UMTS-Auktion in Mainz eine Lizenz für 8,37 Milliarden Euro (16,37 Milliarden Mark).

Der Pariser Konzern müsse zudem bis zum Jahr 2010 bis zu zehn Milliarden Euro zahlen, um das gemeinsame UMTS-Netz in Deutschland zu errichten und die geplanten Dienste bereitzustellen, heißt es bei Mobilcom. Einen solchen Blankoscheck wollen die Franzosen indes niemals ausgestellt haben. Nach dem Motto „Wer zahlt, schafft an“ will France Télécom den Mobilcom-Geschäftsplan für UMTS deutlich abspecken, um die eigenen Risiken klein zu halten. Die Büdelsdorfer betonen, „in wichtigen strategischen Sachverhalten … so zum Beispiel beim Businessplan“ sollte es zwar eine Absprache geben. Von einem Vetorecht für Paris wollten sie aber nichts wissen. Im Übrigen schadeten „die missverständlichen“ Informationen aus Frankreich dem Kurs der Mobilcom-Aktie.

Michel Bon sorgt sich dagegen um die Aktien seines eigenen Konzerns: Reichlich unverhohlen wird im Pariser Finanzministerium Druck auf den Firmenchef gemacht. Bei einem Scheitern der Mobilcom-Ehe würde Bon Jahre nach seiner geplatzten Allianz mit der Deutschen Telekom auf Europas wichtigstem Markt zum zweiten Male mit leeren Händen dastehen. Die Franzosen hätten keine Wahl mehr, sondern müssten „so schnell wie möglich aus dem deutschen Schlamassel herauskommen“, ließ sich ein Berater des Pariser Finanzministers Laurent Fabius zitieren.

Ein erster Versuch ging in die Leere: Vergeblich versuchte Bon, seinem ungeliebten Partner einen Strick daraus zu drehen, dass Sybille Schmid-Sindram heimlich selbst 6,1 Prozent an Mobilcom erstand – zusammen mit dem 40-Prozent-Aktienpaket ihres Mannes fast die Mehrheit. Rechtlich sei dies nicht zu beanstanden, ließ sich Mobilcom von der deutschen Börsenaufsicht absegnen. Gut möglich, dass die Franzosen nun die Flucht nach vorn antreten: Mobilcom aufkaufen und mit ihrer eigenen Mobilfunk-Tochter Orange verschmelzen. Ein France-Télécom-Manager soll entsprechend schon gedroht haben: „Wir bereiten hier gerade einen Krieg vor.“

Kontakt: Mobilcom, Tel.: 04331/6900 (günstigsten Tarif anzeigen)

ZDNet.de Redaktion

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