Categories: RechtRegulierung

Verbraucherschutz: EU plant Website-Sperren ohne Gerichtsbeschluss

Die EU-Abgeordnete Julia Reda weist auf einen Beschluss des Europäischen Parlaments hin, der Netzsperren ohne richterliche Zustimmung den Weg ebnen könnte. Sie sind demnach Bestandteil der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (PDF). Verbraucherschutzbehörden sollen in die Lage versetzt werden, selbstständig die Sperrung bestimmter Websites zu veranlassen.

Die Befugnisse sollen gegenüber „nicht definierten Dritten“ gelten. Das würde Reda zufolge, die für die European Pirates im EU-Parlament sitzt, Internet-Provider in die Pflicht nehmen, eine Sperrinfrastruktur für Websites zu schaffen, um den möglichen Anweisungen der Verbraucherschützer nachkommen zu können.

Sie befürchtet vor allem einen Missbrauch für „andere Zwecke – einschließlich Zensur“. In dem Zusammenhang verweist sie auf die Sperrung von Websites mit einem Bezug zum katalonischen Unabhängigkeitsreferendum. Sie sollen möglich gewesen sein, weil die notwendige Sperrinfrastruktur zuvor „bereits für andere Zwecke etabliert wurde – beispielsweise für Urheberrechtsverstöße“.

Ursprünglich habe sich das EU-Parlament dafür ausgesprochen, Inhalte, die gegen den Verbraucherschutz verstoßen, an der Quelle löschen zu lassen, also auf der eigentlichen Website. Außerdem sei man sich einig gewesen, dass dafür die Zustimmung eines Gerichts benötigt werde, um den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten. Im Lauf der Verhandlungen sei jedoch ein Kompromiss zu anderen Punkten des Verbraucherschutzes übernommen worden, der auch die vom EU-Ministerrat vorgeschlagenen Netzsperren enthalte.

Bleeping Computer weist darauf hin, dass es sich um eine EU-Verordnung handelt, die für alle Mitgliedstaaten gilt und nicht in lokales Recht umgesetzt werden muss. Ihr eigentliches Ziel sei es, den Behörden die Möglichkeit zu geben, gegen betrügerische Websites vorzugehen, die beispielsweise nicht vorhandene Produkte oder Produktfälschungen anbieten. Dazu sollen Verbraucherschützer auch Zugriff auf Personendaten der Website-Eigentümer erhalten. Außerdem sollen sie berechtigt sein, Domains zu beschlagnahmen.

Ohne richterliche Zustimmung sei ein Missbrauch jedoch nicht auszuschließen. Beispielsweise könnten Rechteinhaber argumentieren, dass ihnen unliebsame Websites Verbrauchern schaden, um so die Sperren zu erhalten, die ihnen bisher nach dem Urheberrecht überwiegend verweigert worden seien.

Die neue Verordnung benötigt noch die Zustimmung des Europäischen Rats, dem Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Zwei Jahre später tritt die Verordnung in Kraft.

Whitepaper

SAP S/4HANA trifft ECM: Was Sie für eine erfolgreiche Migrationsstrategie beachten sollten

Ceyoniq beleutet in diesem Whitepaper anhand von sechs Thesen die wichtigsten Aspekte zum Thema und gibt Tipps für eine erfolgreiche Migrationsstrategie.

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

Wie ein Unternehmen, das Sie noch nicht kennen, eine Revolution in der Cloud-Speicherung anführt

Cubbit ist das weltweit erste Unternehmen, das Cloud-Objektspeicher anbietet. Es wurde 2016 gegründet und bedient…

1 Stunde ago

Dirty Stream: Microsoft entdeckt neuartige Angriffe auf Android-Apps

Unbefugte können Schadcode einschleusen und ausführen. Auslöser ist eine fehlerhafte Implementierung einer Android-Funktion.

5 Stunden ago

Apple meldet Umsatz- und Gewinnrückgang im zweiten Fiskalquartal

iPhones und iPads belasten das Ergebnis. Außerdem schwächelt Apple im gesamten asiatischen Raum inklusive China…

5 Stunden ago

MadMxShell: Hacker verbreiten neue Backdoor per Malvertising

Die Anzeigen richten sich an IT-Teams und Administratoren. Ziel ist der Zugriff auf IT-Systeme.

20 Stunden ago

April-Patches für Windows legen VPN-Verbindungen lahm

Betroffen sind Windows 10 und Windows 11. Laut Microsoft treten unter Umständen VPN-Verbindungsfehler auf. Eine…

21 Stunden ago

AMD steigert Umsatz und Gewinn im ersten Quartal

Server-CPUs und Server-GPUs legen deutlich zu. Das Gaming-Segment schwächelt indes.

1 Tag ago