Wikimedia Foundation verklagt NSA

Die Wikimedia Foundation, die unter anderem hinter der Online-Enzyklopädie Wikipedia steht, hat Klage (PDF) gegen die National Security Agency (NSA) und das US-Justizministerium eingereicht. Sie wirft dem US-Auslandsgeheimdienst und dem Department of Justice vor, mit der massenhaften „Upstream“-Überwachung die Grundrechte von Bürgern und Wikipedia-Nutzern verletzt zu haben.

Zusammen mit acht anderen Organisationen wird die Wikimedia Foundation in dem Verfahren von der American Civil Liberties Union (ACLU) unterstützt. Ziel der Klage ist es, die Massenüberwachungsprogramme zu stoppen, wie die gemeinnützige Stiftung in einem Blogbeitrag mitteilt.

„Wir reichen diese Klage im Namen all unserer Leser und Autoren ein“, sagte Wikipedia-Gründer Jimmy Wales. „Überwachung untergräbt den eigentlichen Zweck des Internets als offener Raum für Zusammenarbeit und Experimente sowie als angstfreier Ort.“

In einem Gastbeitrag in der New York Times führt Wales aus, dass die NSA durch Anzapfen des Internet-Backbone jeglichen Datenverkehr auswerten könne. Dadurch erhalte der Geheimdienst auch Einblick, wer welche Wikipedia-Artikel aufrufe oder wer an welchen Diskussionen teilnehme.

In dem zusammen mit Wikimedia-Geschäftsführerin Lila Tretikov verfassten Gastbeitrag verweist Wales auch auf Dokumente aus dem Fundus von NSA-Whistleblowser Edward Snowden. Diese zeigten, dass der Geheimdienst vor allem das Nutzerverhalten auf Seiten wie Wikipedia, Gmail oder auch CNN beobachte. „Diese Aktivitäten sind sensibel und privat: Sie können von religiösen bis politischen Überzeugungen bis hin zur sexuellen Orientierung oder medizinischen Fragen alles über eine Person enthüllen.“ Mit der Überwachung überschreite die NSA ihre in dem 2008 beschlossenen Foreign Intelligence Surveillance Act garantierten Befugnisse.

„Indem die NSA das Rückgrat des Internets angreift, verletzt sie gleichzeitig das Rückgrat der Demokratie“, erklärte Tretikov. „Wikipedia gründet auf freier Meinungsäußerung, freier Recherche und Informationsfreiheit. Durch die Verletzung der Privatsphäre unserer Nutzer bedroht die NSA die intellektuelle Freiheit, die für das Schaffen und Aneignen von Wissen von zentraler Bedeutung ist.“

Besonders am Herzen liegt Wales und Tretikov die Anonymität der freiwilligen Mitarbeiter der Online-Enzyklopädie. Denn auch deren Aktivitäten würden sehr wahrscheinlich überwacht. Durch eine Kooperation mit anderen Geheimdiensten könnten oppositionelle Wikipedia-Autoren in autoritären Staaten gefährdet werden. Als Beispiel nennen Wales und Tretikov die Aussage von Ägyptens Präsident Abdel Fattah el-Sisi aus dem Jahr 2013, in dem er von einer „kontinuierlichen Zusammenarbeit“ mit der CIA spricht.

In den USA laufen bereits mehrere Klagen gegen die NSA-Spionage. Sie gestalten sich allerdings schwierig, weil die Kläger die Überwachung im Einzelfall nachweisen müssen. Die Klage von Wikimedia stützt sich daher auch auf die Berichte von Edward Snowdens.

Erst im Februar wies ein US-Bundesgericht eine von Privatpersonen eingereichte Klage gegen die Massenüberwachung der NSA ab. Dem Urteil zufolge konnten die Kläger keine Rechtsgrundlage nachweisen. Zudem sah der zuständige Richter durch die Klage „Staatsgeheimnisse“ bedroht, was eine Klärung der rechtlichen Fragen verhindere. Die Electronic Frontier Foundation hat bereits angekündigt, Beschwerde gegen das Urteil einzulegen.

[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]

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ZDNet.de Redaktion

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