Bericht: Spähprogramm der NSA erfasst 75 Prozent des US-Internetverkehrs

Das Überwachungsprogramm des US-Auslandsgeheimdiensts National Security Agency (NSA) hat offenbar eine größere Reichweite als bisher angenommen. Wie das Wall Street Journal meldet, kann die NSA auf 75 Prozent des Internettraffics in den Vereinigten Staaten zugreifen, obwohl ihre Befugnisse gegenüber US-Bürgern stark eingeschränkt sind.

Dem Bericht zufolge wurde das zugehörige Abhörsystem zusammen mit Telekommunikationsanbietern in den USA errichtet. Es sei in der Lage, auch die Inhalte von E-Mails zu speichern, die zwischen US-Bürgern verschickt wurden.

Die bisher vom PRISM-Informanten Edward Snowden veröffentlichten Dokumente beschreiben Abhörprogramme mit einer geringeren Reichweite. Sie sind beispielsweise für die Sammlung von Telefondaten oder die Speicherung von Metadaten ausgelegt. Laut WSJ zeigen die neuen Dokumente jedoch, dass die NSA die Fähigkeit besitzt, nahezu jegliche Online-Aktivitäten in den Vereinigten Staaten zu verfolgen.

Erst vor wenigen Monaten hatten Internetfirmen Anschuldigungen, sie gäben der NSA direkten Zugriff auf ihre Server, vehement zurückgewiesen. Das Wall Street Journal beschreibt in seinem jüngsten Bericht allerdings genau dieses Vorgehen: „Die NSA fragt bei Telekommunikationsfirmen verschiedene Ströme des Internettraffics ab, von denen es annimmt, dass sie wahrscheinlich ausländische Geheimdienstinformationen enthalten.“

Das deckt sich mit Behauptungen, die der ehemalige AT&T-Techniker Mark Klein 2006 äußerte. Er gab an, er habe in einer AT&T-Niederlassung in San Francisco NSA-Beamte getroffen und miterlebt, wie Internettraffic über einen „Splitter“ in einen abgesicherten Raum umgeleitet wurde. Zu dem Raum hätten ausschließlich Mitarbeiter mit einer NSA-Freigabe Zugang gehabt.

Erst vor Kurzem hatte die NSA ein Dokument veröffentlicht, in dem sie beteuert, nur 1,6 Prozent des täglichen Internetverkehrs zu überwachen. In ihrem sieben Seiten umfassenden Bericht mit dem Titel „The National Security Agency: Missions, Authorities, Oversight and Partnerships“ (PDF) merkt sie an, dass die Menge an Daten, die sie jeden Tag aus den weltweiten Kommunikationskanälen sammelt, vergleichbar sei mit dem Größenverhältnis eines 10-Cent-Stücks auf einem Basketballfeld.

[mit Material von Steven Musil, News.com]

Tipp: Wie sicher sind Sie bei der Sicherheit? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

Google: Passkeys schützen mehr als 400 Millionen Google-Konten

Die Passwort-Alternative Passkeys überholt Einmalpasswörter bei der Zwei-Faktor-Authentifizierung. Auch Microsoft setzt sich aktiv für die…

5 Stunden ago

Infostealer: 53 Prozent der Angriffe treffen Unternehmensrechner

Der Anteil steigt seit 2020 um 34 Prozentpunkte. Allein 2023 erfasst Kaspersky rund 10 Millionen…

7 Stunden ago

Salesforce: Mit Einstein GPT zurück auf die Überholspur?

Salesforce forciert den Ausbau seiner Industry Clouds. Mit ihrem Prozesswissen könnten deutsche IT-Dienstleister davon profitieren.

1 Tag ago

Neue Backdoor: Bedrohung durch Malvertising-Kampagne mit MadMxShell

Bisher unbekannter Bedrohungsakteur versucht über gefälschte IP Scanner Software-Domänen Zugriff auf IT-Umgebungen zu erlangen.

2 Tagen ago

BSI-Studie: Wie KI die Bedrohungslandschaft verändert

Der Bericht zeigt bereits nutzbare Angriffsanwendungen und bewertet die Risiken, die davon ausgehen.

3 Tagen ago

KI-Wandel: Welche Berufe sich am stärksten verändern

Deutsche sehen Finanzwesen und IT im Zentrum der KI-Transformation. Justiz und Militär hingegen werden deutlich…

3 Tagen ago