Internet-Betrüger festgenommen: 100.000 Kunden betroffen

In enger Kooperation haben das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) und das österreichische Bundeskriminalamt acht Tatverdächtige in Augsburg und Niederösterreich festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt seit 18 Monaten gegen sie – wegen Verdachts auf gewerbs- und bandenmäßigen Betrug. Das Strafgesetzbuch sieht hierfür Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor. Den Verhafteten wird vorgeworfen, in zahlreichen Webshops Waren gegen Vorkasse angeboten, aber nie geliefert zu haben.

Den Ermittlern zufolge haben die Tatverdächtigen mutmaßlich einen Schaden in Millionenhöhe verursacht. Etwa 1000 Finanzagenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz sollen ihnen geholfen haben. Die Polizei geht von bis zu 100.000 Geschädigten in den drei Ländern aus. Allerdings laufen die Ermittlungen noch, sodass genaue Zahlen noch nicht genannt werden können. Zudem ist laut LKA Bayern davon auszugehen, dass längst nicht alle Geprellten Anzeige erstattet haben.

Im Rahmen der Aktion durchsuchten mehr als 170 Polizeibeamte bundesweit 29 Objekte. Sie stellten umfangreiches Datenmaterial sicher, das weitere Ermittlungsansätze liefern soll. „Dieses Verfahren ist in Bezug auf die Enttarnung von Internettätern und in seiner Dimension bisher einzigartig“, sagte Peter Dathe, Präsident des LKA Bayern.

Auf die Spur gekommen waren die Ermittler den Verdächtigen im September 2009: Der Mitinhaber eines örtlichen Unternehmens erstattete Anzeige bei der Polizeiinspektion Nördlingen, weil er zahlreichen Anfragen von Personen bekommen hatte, die nach eigenen Angaben über die Site ja-kaufen.com Waren bestellt und bezahlt, aber nicht erhalten hatten. Im Impressum waren die Daten der Nördlinger Firma angegeben, deren Inhaber davon jedoch nichts wussten.

Im Rahmen der unter dem Decknamen „EG Bazar“ laufenden Ermittlungen stellte sich heraus, dass die mutmaßlichen Täter nach derselben Masche eine Reihe von seriös aussehenden Shops ins Internet stellten: Sie missbrauchten für das Impressum die Daten ahnungsloser Firmen und boten Artikel aller Art zu auffällig günstigen Preisen an. Als Bezahlform wurde Vorkasse gefordert – meist auf ein deutsches Konto, was die Geschädigten sorglos akzeptierten.

Die Konten stellten von den Tätern angeworbene Finanzagenten zur Verfügung. Dabei handelte es sich um Privatpersonen, die meist per E-Mail geködert wurden, ihr Konto gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Sie sollten für ihren neuen „Arbeitgeber“ Gelder entgegennehmen und weiterleiten. In einigen Fällen überließen sie ihnen gar ihre Onlinebanking-Zugangsdaten. Dabei war den Finanzagenten meist nicht bewusst, dass sie zur Geldwäsche missbraucht wurden und sich dadurch möglicherweise selbst strafbar machten. Die Gelder der geprellten Kunden gingen in der Folge hauptsächlich an Konten in der Schweiz und der Türkei.

Zusätzlich nutzten die Kriminellen die Daten eines Rechtsanwalts, der über keinen Internetauftritt verfügte. Sie erstellten eine Website und hinterlegten dort ihre eigenen Kontaktdaten. Damit die falschen Onlineshops möglichst lange ein seriöses Bild abgaben, stellte die Bande positive Kommentare in Bewertungsportale ein und relativierte negative Berichte Geschädigter. Sie baute sogar eigene Bewertungsportale wie www.shopauskunft.net auf, um ihre Shops positiv darzustellen. Die Inhalte kopierte sie teilweise von der seriösen Site www.shopauskunft.de.

Die Polizei warnt vor den Websites www.usa-auto-kaufen.de, www.luxus-ferienhaus24.de und www.af-import-autohaus.de, die noch online sind. Geschädigte, die bisher noch keine Anzeige erstattet haben, werden gebeten, sich an ihre örtlich zuständige Polizeidienststelle zu wenden. Zusätzliche Informationen bieten die Behörden unter www.kaufenmitverstand.de.

ZDNet.de Redaktion

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