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Die Deutsche Telekom und ihr Kunde BND

Irgendwie muss man schon Mitleid mit Kunden der Deutschen Telekom haben. Ein Datenskandal folgt dem nächsten. Namen, Adressen und Handynummern gibt es im Internet zum Download und auf CD zu kaufen. Dass Telefonate von Betriebsräten, Aufsichtsräten und Mitarbeitern ausspioniert werden, versteht sich von selbst.

Warum soll es da den deutschen Geheimdiensten besser gehen? Am Donnerstag erschien ein internes Papier von T-Systems auf Wikileaks, das die IP-Adressen eines offensichtlich geheimen „Projektes“ listet. Dass es sich dabei um die IP-Adressen des BND handelt, darf kaum bezweifelt werden. Traceroutes ergaben, dass die IP-Adressen nach München, Berlin, Flensburg, Freiburg und Braunschweig führten. An allen diesen Orten hat der BND Niederlassungen.

Noch überzeugender ist die Tatsache, dass von den gelisteten Adressen Einträge zum BND-Artikel auf Wikipedia gemacht wurden, was man leicht mit einem Wikiscanner herausfinden kann. So wurde die Behauptung abgestritten, der BND benutze Goethe-Institute im Ausland als getarnte Dienststellen.

Auch zu anderen Alltagsthemen, etwa Kernwaffentechnik, Aufklärungsflugzeugen und dem Langstreckenbomber Boeing B-1B Lancer, nahm der fragliche IP-Adressbereich Stellung. So spielte der BND die Gefährlichkeit einer schmutzigen Bombe mit Plutonium-239 herunter und empfahl stattdessen die Verwendung zweier anderer Isotope, die angeblich bei gleicher Menge deutlich effektiver seien. Dieselbe IP-Adresse entfernte diesen Eintrag allerdings drei Minuten später wieder.

Ansonsten scheint man nicht allzu viel zu tun zu haben. Zumindest bleibt Zeit, um in einem Wikipedia-Artikel über Discounter, einen VoIP-Discounter zu streichen, der da nach Ansicht des BND nicht reingehört. Ebenso korrigierte der BND den Artikel zur Gerd-Show und beseitigt einen Tippfehler im Hinweis zur Nachfolgesendung Supermerkel. Das erinnert an eine Szene im Film Das Leben der Anderen, in der sich Stasi-Mitarbeiter Honecker-Witze erzählen.

Besonders am Herzen scheint den BND-Mitarbeitern ihr Arbeitsumfeld zu liegen. Im Artikel Wissenschaftlicher Witz beschreiben sie einen Shrinter, eine Kombination von Shredder und Printer, der zum Ausdruck streng vertraulicher Dokumente dient. Auch dieser Eintrag wurde nach nur zwei Minuten wieder gelöscht. Weitere redaktionelle Arbeit leisteten unsere Auslandsspione an Artikeln zu Euklidischen Lösungen von Yang-Mills-Gleichungen und zum Rennpferd Phar Lap.

Während es noch halbwegs witzig ist, in Wikipedia nachzuschauen, was BND-Mitarbeiter dort alles so treiben, werden wohl einige Websitebetreiber ihre Logfiles nochmals genau scannen, um zu sehen, ob es schon unerwünschten Besuch gegeben hat. Der BND wird zwar mit Sicherheit bereits neue IP-Adressen verwenden, das nützt jedoch im Nachhinein nichts. Verdächtige, die gut mitloggen, sind jetzt gewarnt.

Eine Frage bleibt natürlich: Wie will sich die Deutsche Telekom nach Handynutzern, Aufsichtsräten und dem BND jetzt noch einmal selbst übertreffen? Lassen wir uns überraschen. Bisher hat sie uns in dieser Hinsicht nicht enttäuscht. Für angehende US-Jungpräsidenten auf jeden Fall eine Empfehlung zum Schluss: Das Diensthandy sollte nicht von T-Mobile USA stammen.

ZDNet.de Redaktion

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