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Privatsphäre im Web kann nicht gratis sein

Wofür würden Sie eher Geld bezahlen: für den Schutz Ihrer Privatsphäre oder für hochgradig personalisierte Dienste? Beides wird immer häufiger als exklusives Feature angepriesen – ist aber nur schwer miteinander vereinbar.

Ein Beispiel: Ask.com hat jüngst einen „Eraser“ eingeführt. Diese Funktion, auf Deutsch müsste sie Radiergummi heißen, löscht jede Suchanfrage innerhalb kurzer Zeit spurenlos vom Server. Ask.com weist allerdings darauf hin, dass damit alle personalisierten Dienste nicht mehr funktionieren.

Normalerweise speichert Ask.com Suchanfragen 18 Monate lang und verbessert so die Ergebnisse, die es dem Anwender liefert. Wer beispielsweise schon öfter nach Fahrrädern gesucht hat, erwartet als Ergebnis einer Suche nach dem Stichwort „Sattel“ wahrscheinlich keine Lederwaren, die auf einen Pferderücken passen. Eine normale Suchmaschine kennt den Unterschied zwischen beiden Satteltypen nicht, aber eine personalisierte könnte den Kontext mit einbeziehen. Ganz ähnlich arbeitet etwa Google Web Search History.

Personalisierung ist also ein nützliches Feature. Aber es kommt nicht kostenlos: Der Anbieter kann die gesammelten Daten auswerten und verkaufen – natürlich mit Zustimmung des Anwenders, der ja hoffentlich die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen hat. Der Betreiber kann Werbung einblenden, die auf die Interessen des Anwenders zugeschnitten ist. Wenn das Geschäftsmodell fair gegenüber Nutzern ist, sehen die Werbekunden die Anwenderdaten vielleicht nie – aber der Suchmaschinenbetreiber kann ihnen doch Zugang zu bestimmten, genau definierten Zielgruppen verschaffen. Das ist ein Geld werter Vorteil für eine Firma wie Google, Yahoo oder Ask.com. Und deshalb sind gerade die großen Suchmaschinen ja auch selbst im Anzeigengeschäft tätig.

Ist auch die Wahrung der Privatspäre ein nützliches Feature? Sicherlich – wenn auch kein so offenkundiges. Es resultiert in Werbe-Mails, die man nicht bekommt, und in Daten, die anderen verborgen bleiben. Wer nach dem Spruch „Was ich nicht heiß, macht mich nicht heiß“ lebt, wird für seine Privatsphäre keinen Cent ausgeben – und auch nicht auf Rabatte verzichten, um seine Daten zu schützen. Andere Anwender jedoch sammeln keine Happy Digits, vertrauen ihre Daten keinem Social Network an – und verzichten auch für Anonymität auf bestimmte andere Vorteile. Zum Beispiel auf Personalisierung.

Kann man die Vorteile von Personalisierung und Anonymität miteinander vereinbaren? Ich glaube nicht – zumindest nicht gratis. Eine Website, die Daten sammelt, aber nicht nutzt, würde Geld verschenken. Wer Anonymität gratis verspricht, muss entweder lügen, ein schlechtes Geschäftsmodell aufgestellt haben – oder unterbreitet einfach ein nur kurze Zeit gültiges Lockvogel-Angebot. Auf Dauer würde ich nur einer Website meine Daten anvertrauen, die dafür eine Gebühr verlangt. Natürlich müsste ich auch ein gewachsenes Vertrauen zu diesem Anbieter haben. Aber wer von mir kein Geld will, holt es sich notwendig woanders – und ist schon deshalb nicht vertrauenswürdig.

ZDNet.de Redaktion

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