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Betriebssysteme in der virtuellen Saftpresse

Auch so komfortable Umgebungen wie Windows, GEM oder Mac OS waren einst nicht viel mehr als eine grafische Aufhübschung, ein Graphical User Interface (GUI), das es für unbedarfte User einfacher und attraktiver machte, mit Computern umzugehen. Umstritten blieb, ob GUIs Betriebssysteme tatsächlich produktiver machen. Immer noch gibt es hartnäckige Anhänger der Befehlszeile. Auch in Telekommunikationskomponenten, die vor allem zuverlässig und schnell sein müssen, laufen die Anwendungen traditionell auf besonders schlanken Microkernel-Betriebssystemen.

Solche Ansätze bekommen Unterstützung von unerwarteter Seite. Bei Microsofts Windows Server 2008 gibt es einen Modus, bei dem aller überflüssiger Schnickschnack – inklusive Windows-GUI – abgeschaltet sind. Das Ergebnis ist ein stabiles und schnelles System; so schlank, wie man es sich für eine virtuelle Umgebung wünscht.

Konsequent weitergedacht, bedarf es eigentlich nur noch eines schlanken Betriebssystem-Kernels, zuzüglich der jeweils sinnvollen Funktionen. Das können Print-, Datei-, E-Mail- oder Web-Server sein. Für Endkunden reicht eventuell schon die Möglichkeit, einen Browser laufen zu lassen, um darin Office-Software, E-Mail-Funktionen oder das Kunden-Management zu nutzen.

Solche Ideen werden heute gern Web-Unternehmen wie Google zugeschrieben. Tatsächlich diskutierte die Branche bereits in den neunziger Jahren kontrovers die Nutzung des Browsers als Universalschnittstelle. Dass die Option nur in Teilgebieten (etwa für Unternehmensportale) Realität wurde, lag auch daran, dass Microsoft derartige Ambitionen und den damaligen Marktführer Netscape vom Markt drängte. Heute sieht es so aus, als wolle Redmond mit der Yahoo-Übernahme und dem Motto „Software & Service“ am Software-as-a-Servie-Modell teilnehmen.

Denkt man das Konzept zu Ende, dann kommt dabei möglicherweise ein Geschäftsmodell heraus, bei dem ein standardisierter Hypervisor/Microkernel mit der Hardware ausgeliefert wird, um dann vom Konfektionär oder auch erst beim Endkunden per Onlineshop um die gewünschten Komponenten ergänzt zu werden. Auf Konsumenten-Seite böte sich hier Yahoo als Microsoft-Verkaufsplattform für Betriebssystem-Features, Client-Software oder Anwendungsdienste an.

Neu sind diese Visionen nicht. Aber vielleicht lässt sich nun unter dem Vorzeichen von SOA und Virtualisierung endlich die in den neunziger Jahren von Sun propagierte Idee eines freien Web-Marktes für Software-Komponenten umsetzen.

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ZDNet.de Redaktion

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