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ERP-Hersteller rüsten sich fürs Service-Zeitalter

„Wovon lebt denn eigentlich das Fernsehen?“ fragt der eine. „Von Wiederholungen“, antwortet der andere. Der Witz ist uralt, unter Medienleuten bekannt und er hat eine tiefere Botschaft: Es ist wirtschaftlich sehr sinnvoll, eine Sendung oder einen Film mehrfach zu zeigen. Der Grund: Es fallen keine weiteren Produktionskosten an, der Redakteur muss lediglich im Archiv den Beitrag finden, die Techniker drücken dann aufs Knöpfchen und schon flimmern die Mattscheiben. Mehr noch: mit vorgefertigter Unterhaltung aus der Retorte lässt sich sehr flexibel ein abendfüllendes Programm zusammenbauen.

Was das mit IT und Software zu tun hat? Flexibilität und Wiederverwendung sind die beiden Hauptbegriffe, die genannt werden, wenn es um Service-Orientierte Architekturen (SOA) geht. Unternehmenssoftware soll – so die Idee von SOA – in kleine Funktions- beziehungsweise Prozesseinheiten, den so genannten Services, zerlegt werden. Mittels einer modellgestützten Konfiguration lassen sich die Bausteine dann sehr flexibel ohne Programmierung mehr oder weniger per Mausklick zu Anwendungen lose gekoppelt zusammensetzen. Da diese Applikationen keine monolithischen Blöcke mehr darstellen, sondern aus vielen kleinen konfigurierbaren Modulen bestehen, können sie rasch an die heutigen und zukünftigen Anforderungen der Geschäftsprozesse angepasst werden. Kurz: SOA beschreibt die industrialisierte Fertigung von Applikationen, die sich auf Basis von Software oder Prozessbausteinen von beliebigen Herstellern einfach zusammenbauen lassen. Ähnlichkeiten mit den Plattformstrategien der Automobilhersteller sind nicht von der Hand zu weisen und werden von den Herstellern gerne als Vergleich strapaziert. Das SOA-Fieber hat alle IT-Unternehmen erreicht: die klassischen Infrastrukturanbieter, Systemhäuser und auch die Anbieter von Enterprise-Ressource-Planning-(ERP-)Software.

Das Ziel von SOA ist die permanente Optimierung der Geschäftsprozesse zu minimalen Kosten. Die Möglichkeit, sich stetig an neue Anforderungen anpassen zu können verlangt Flexibilität. Und um dies zu erreichen, sind IT-Systeme heute nicht mehr wegzudenken. Sie sind die Trägerplattform für Prozesse und die Organisation, die Software als Werkzeug brauchen, um die Geschäfte abwickeln zu können, wie Stefan Stille, Manager Business Consulting bei SSA Global erklärt. Nur sind viele installierte IT-Landschaften dazu nicht gerüstet. „Viele Betriebe setzen veraltete Software ein, die Organisationsstrukturen sind verkrustet und die Systeme sind zu unflexibel, um neuen Vorhaben wie die Expansion oder Verlagerung von Produktionstandorten nach Osteuropa zu unterstützen.“ Unternehmen wollten sich dabei auch gar nicht immer selbst mit eigenen Mitarbeitern in die neuen Märkte ansiedeln, sondern suchten nach Möglichkeiten, sich mit Partnern und deren Systemen vor Ort rasch integrieren zu können. „Mit Hilfe von Standards und SOA ist dies sehr einfach machbar“, sagt Stille weiter.

„Damit aus dem Konzept der SOA auch greifbare und vor allem einsetzbare Produkte werden, die Unternehmensprozesse abdecken und sich rasch anpassen können, sind Standards nötig. Nur Sie garantieren eine Interoperabilität von Services“, unterstreicht Wolfgang Martin, Branchenkenner und Gründer des Analystenhauses S.A.R.L. Martin, die Notwendigkeit von Normierungen. Hier setzten sich in den vergangenen Jahren insbesondere Web-Services durch, obwohl sich eine SOA grundsätzlich unabhängig von einem Standard entwickeln lässt. Entscheidend ist, dass sich ein Programm oder Programmteile als Service aufrufen lassen. Dazu müssen sie lediglich mit einer Zugriffschicht (Schnittstelle) versehen sein, die dem aufrufenden Server bekannt ist. Dennoch: Web-Services sind auf dem Vormarsch allein schon aus dem Grund, dass unter dem Gros der Hersteller Einigkeit darüber herrscht – was sonst Seltenheitswert hat. Web-Services fußen auf Normen wie SOAP (Simple Object Access Protocol), WSDL (Web Service Description Language) und UDDI (Universal Description, Integration and Discovery). Als Grundelement kommt die Beschreibungsprache XML zum Tragen. Entscheidender Erfolgsfaktor ist, dass diese Technologien unabhängig von Plattformen oder bestimmten Programmiersprachen einsetzbar sind und auf bestehenden Internet-Standards aufbauen.

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ZDNet.de Redaktion

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