Wo liegt das Geschäftsmodell für öffentliches Internet-Fernsehen?

Das größte Hemmnis aber liegt hier zu Lande vor allem darin, dass IP-TV zu wenig Vorteile gegenüber den gängigen Rundfunk-Verfahren bringt. Es gibt kaum mehr Haushalte, die nicht mindestens zwanzig Sender in brauchbarer technischer Qualität und mit erträglichen Inhalten empfangen. Im Ausland werden wir darum beneidet. Ein Beleg: Der Bezahlsender Premiere hat mehr als 15 Jahre gebraucht, um wenigstens zehn Prozent der deutschen Haushalte für sein Programm, genauer für die Fußballspiele, zu gewinnen. Tatsächlich werden die Premiere-Kunden bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in der ersten Reihe sitzen und via Telekom-Partnerschaft auch die IP-TV-Kunden. Aber, was dann? Die Bundesliga-Rechte zumindest hat Premiere erst einmal verloren. Sollen die Fans jedes mal den TV-Anbieter wechseln, wenn die Übertragungsrechte neu verhandelt werden. Da bleibt man doch lieber bei ARD und ZDF – oder (Hoffnungsschimmer!) bei der Telekom. Denn dort liegen die Internet-Rechte für die WM.

Doch selbst Gartner glaubt nicht, dass sich damit in den nächsten fünf Jahren Geld verdienen lässt – außer vielleicht durch Zusatzdienste rund um den Fußball. Aber auch, wenn man es in diesem Jahr kaum glauben möchte: Fußball ist nicht alles. Niemand wird allein dafür dem Free-TV den Rücken kehren. Und da „free“ keineswegs kostenlos bedeutet, muss es schon ein besonders toller Dienst sein, für den der sparsame Deutsche noch extra Geld drauflegt. So haben Premiere die vielen Studien nicht viel geholfen, die immer wieder belegen, dass die Zuschauer gerne mehr werbefreie Spielfilme sehen möchten.

Alles in allem ist ein belastbares Geschäftsmodell für IP-TV als öffentliches Fernsehen derzeit nicht in Sicht. Und auch die TK-Anbieter, die auf der Suche nach Ersatz für die versiegenden Telefongebühren, an der Idee festhalten, werden als zusätzlicher Mitbewerber lediglich dazu beitragen, erst die Preise und dann die Qualität kaputtzumachen.

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ZDNet.de Redaktion

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