Itanium: Die größte Fehlinvestition in der Geschichte der IT-Branche?

Wie schwer muss einer Mutter die Aufgabe seines Babys fallen? Sehr schwer, unsagbar schwer, möchte man vermuten. Würde eine Mutter zusätzlich drei Milliarden Dollar sowie mehrere Hundert Babysitter aufwenden, nur um dieses Baby loszuwerden? So etwas passiert wohl nur, wenn die Mutter dieses Baby wirklich hasst.

Seit 1994 saßen HP und Intel gemeinsam an der Entwicklung ihres 64 Bit-Chips Merced, späterer Name Itanium. Nach jahrelangen Wehen kam die CPU erst Mitte 2001 mit enttäuschender Performance auf den Markt. Leicht hatte es das Baby auch in der Folge nie: Es war zu groß, wurde zu heiß, und niemand wollte es zum Spielen haben.

So hegten und pflegten Intel und HP das Baby weiter, bis es zu einem Kind namens McKinley, offizieller Name Itanium 2, heranwuchs. Mit der neuen Version verbesserte sich die Leistung deutlich. In einigen Bereichen stehen entsprechend ausgestattete Systeme tatsächlich an der Leistungsspitze. Doch der Erzrivale von Intel brachte in Sachsen ganz alleine ebenfalls ein 64 Bit-Baby auf die Welt, das die ungeteilte Bewunderung der Linux-Erzieher und Supercomputing-Müttergruppen fand. Auch der kleinere Bruder des Itaniums namens Xeon erfreute sich viel Zuwendung.

Das Ergebnis: Die Verkaufszahlen des Itanium konnten mit seiner Leistungsentwicklung nicht Schritt halten. So wird das Ziel, in diesem Jahr 200.000 Itanium-CPUs abzusetzen, nicht erreicht werden. Der Chip findet sich tatsächlich nur in wenigen Servern. IBM beispielsweise verzichtete angeblich mangels Nachfrage komplett auf die Bestückung seiner Großrechner mit Itanium 2. IDC schätzt, dass in den vergangenen Quartalen jeweils nur rund 8000 Itanium-Systeme abgesetzt wurden.

Die Eltern anderer Babys, die ebenfalls zu Problemkindern heranwuchsen, feixen schon lange. Suns Vice-President und ehemaliger Geschäftsführer Helmut Wilke beispielsweise bezeichnete den 64 Bit-Prozessor gegenüber ZDNet als „wahrscheinlich größtes Debakel in der IT-Industrie bisher“. Zurückhaltender, aber genauso eindeutig, formulierte es der Deep Computing Manager EMEA von IBM, Ian Green, gegenüber ZDNet: „Fest steht, dass der Itanium nicht so erfolgreich ist, wie sich das einige Leute ausgerechnet haben.“

Page: 1 2

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

BSI-Studie: Wie KI die Bedrohungslandschaft verändert

Der Bericht zeigt bereits nutzbare Angriffsanwendungen und bewertet die Risiken, die davon ausgehen.

2 Stunden ago

KI-Wandel: Welche Berufe sich am stärksten verändern

Deutsche sehen Finanzwesen und IT im Zentrum der KI-Transformation. Justiz und Militär hingegen werden deutlich…

3 Stunden ago

Wie ein Unternehmen, das Sie noch nicht kennen, eine Revolution in der Cloud-Speicherung anführt

Cubbit ist das weltweit erste Unternehmen, das Cloud-Objektspeicher anbietet. Es wurde 2016 gegründet und bedient…

8 Stunden ago

Dirty Stream: Microsoft entdeckt neuartige Angriffe auf Android-Apps

Unbefugte können Schadcode einschleusen und ausführen. Auslöser ist eine fehlerhafte Implementierung einer Android-Funktion.

11 Stunden ago

Apple meldet Umsatz- und Gewinnrückgang im zweiten Fiskalquartal

iPhones und iPads belasten das Ergebnis. Außerdem schwächelt Apple im gesamten asiatischen Raum inklusive China…

11 Stunden ago

MadMxShell: Hacker verbreiten neue Backdoor per Malvertising

Die Anzeigen richten sich an IT-Teams und Administratoren. Ziel ist der Zugriff auf IT-Systeme.

1 Tag ago