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Wo bleibt die Einfachheit von Web Services?

Der Ausdruck „Web Services“, der vor etwa vier Jahren auftauchte, beschreibt einen Satz von Softwarespezifikationen oder Blaupausen, die dazu dienen sollen, dass nicht-kompatible Programme über Internet-Protokolle kommunizieren können. Bei IBM, Microsoft und anderen Branchenriesen war man bereit, diese Spezifikationen zu unterstützen, anstatt wie in der Vergangenheit abweichende Ansätze zur Softwarekompatibilität zu verfolgen.

In dem Bemühen, diese Systeme der Web Services ebenso zuverlässig wie ältere Computersysteme, dabei aber flexibler zu machen, haben Anbieter die anfänglich einfachen Spezifikationen für Web Services mit einer Anzahl von Erweiterungen ausgestattet. Anbieter von Infrastruktursoftware wie IBM, Microsoft, BEA Systems, Oracle und andere haben Spezifikationen herausgegeben, welche die einfachen Web Service-Protokolle, vor allem SOAP (Simple Object Access Protocol) und WSDL (Web Services Description Language), mit einem Mehr an Sicherheit, Zuverlässigkeit und anderen Qualitätsmerkmalen ausstatten sollen.

Angesichts dieses anhaltenden Prozesses bei der Spezifikationsentwicklung begründen einige Gegner ihre Sorge mit der Behauptung, dass Programmierer und deren Mitarbeiter die Flut neuer Spezifaktionen nicht bewältigen können. Es gibt zurzeit rund 30 Spezifikationen, mit denen mehrere hundert Seiten an technischen Richtlinien zusammenhängen. IBM und Microsoft fördern die Entwicklung und Publikation einer großen Zahl dieser Spezifikationen, die allgemein unter der Überschrift „WS-*“ oder „WS-Star“ zusammengefasst werden.

Befürchtungen über die übertriebene Komplexität von Web Services wurden in den vergangenen Wochen bei der Publikation von drei neuen Spezifikationen verstärkt zum Ausdruck gebracht. Die Protokolle WS-Transfer und WS-Enumeration sollen dazu dienen, Entwicklern ein höheres Maß an Kontrolle über den Datentransfer zwischen zwei Programmen zu geben, während WS-Metadata-Exchange einen Mechanismus zur gemeinsamen Nutzung von Informationen über die Funktionen einzelner Web Services bereitstellt.

Neben anderen Kritikern äußert sich Tim Bray skeptisch über den Komitee-Aktionismus bei der Spezifikationsentwicklung, deren Verlauf von großen Anbietern wie IBM und Microsoft beherrscht wird. Brays Besorgnis geht über politische Grenzen hinaus. Sein Arbeitgeber, Sun Microsystems, ist aktiv an der Entwicklung von Standards für Web Services beteiligt. Das Unternehmen Sun Microsystems hat neben IBM, Microsoft und anderen einen Sitz im Ausschuss der WS-I-Gruppe inne (Web Services Interoperability), einer Organisation, die Richtlinien bereitstellt um die Kompatibilität standardbasierter Anwendungen zu gewährleisten.

Andere Programmierer teilen Brays Besorgnis. Anstatt sich die neuesten Spezifikationen zur Erhöhung der Sicherheit von Web Services anzueignen, behaupten manche Entwickler, dass die meisten Aufgaben einfach zu erledigen seien, indem XML-formatierte Dokumente über vorhandene Internet-Protokolle gesendet werden.

Der unabhängige Softwareberater Mike Gunderloy beklagt die Komplexität und die wachsende Zahl von Spezifikationen für Web Services. Gunderloy hat es aufgegeben, bei der regelmäßig erfolgenden Publikation neuer Spezifikationen – die dann den verantwortlichen Behörden zur Standardisierung vorgelegt werden müssen – auf dem Laufenden zu bleiben, und empfiehlt auch anderen Entwicklern, sich diese Mühe nicht zu machen.

Einige Unternehmenskunden sind ebenso vorsichtig bei der Übernahme der Web Service-Technologien und des Standardisierungsprozesses. Viele von ihnen bleiben bei den einfachsten Web Service-Protokollen, anstatt verbissen die neusten Spezifikationen zu übernehmen.

Bei Ultimus, einem Unternehmen für die Geschäftsprozessautomatisierung, hat man sich gegen den Einsatz der Spezifikation BPEL (Business Process Execution Language) in den eigenen Produkten entschieden, da die Branche bereits „über die richtigen Bausteine“ verfüge, so Hank Barnes, Vice President of Product Marketing. Seiner Ansicht nach ist eine solche Fokussierung auf Standards, insbesondere solche, die unvollständig sind, fehl am Platz.

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ZDNet.de Redaktion

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