Der Quam-Traum ist geplatzt

Sie hatten es nicht leicht, die Firmen Telefonica und Sonera. Der deutsche Markt war Anfang 2000 zu 80 Prozent in den Händen von T-Mobile und Vodafone und die zwei kleinen Anbieter E-Plus und Viag Interkom (jetzt O2) kämpften um jeden Neukunden. Trotzdem wagte sich das finnisch-spanische Bündnis auf den deutschen Markt und investierte satte 8,1 Milliarden Euro in eine der sechs UMTS-Lizenzen. Dann begann der Abstieg, der nun mit dem Verkauf der bisher gewonnen Kunden an T-Mobile endete. Der Quam-Niedergang ist ein Stück in zwölf Akten. ZDNet informiert in einem News-Report aktuell und umfassend über die Niederlage von Quam.

1. Akt:
Wir sind im März 2001. Die CeBIT öffnet ihre Tore in Hannover und alle Welt stellt sich die Frage: „Was bringt mir eigentlich UMTS?“ Während die anderen Netzbetreiber versuchen, ihre Visionen und Ideen zu präsentieren, findet man von Group 3G (damals noch der Name von Quam) nicht einmal einen Messestand. Am Telefonica-Stand erklärt die Group3G-Sprecherin, dass sie von der Zahl der Anfragen total überrascht sei und teilt Visitenkarten mit Yahoo E-Mail-Adresse aus.

Nach mehrmaligem Nachfragen bekommt ZDNet doch ein Interview mit dem Group3G-Chef Ernst Folgmann. Dieser rechnet „konservativ geschätzt“ 2007 mit schwarzen Zahlen und sieht ein großes Potential an Business-Kunden. Ziel auf der CeBIT 2001: Neue Mitarbeiter. Kunden will man später locken.

2. Akt:
Die Fachmesse Systems in München öffnet im September 2001 ihre Pforten und Quam (jetzt steht der neue Name fest) lädt zur Konferenz ein. Es ist die Zeit der großen Versprechungen: Quam will näher an den Kunden sein, der Service ist entscheidend, die Tarife werden übersichtlicher, kurz: Quam ist der Traum eines jeden Mobilfunk-Kunden.

Weiter im Focus der Chefetage sind die Mittelständler, die in Zukunft per Quam telefonieren sollen. Diese Anweisung scheint in der Marketing-Abteilung nicht so recht angekommen zu sein, denn die ersten Werbespots präsentieren pubertierende Kids, die „online spielen“ und „mit Freuden chatten“. Am Schluss eines jeden Spots der eindringliche Martin Luther King Satz „I have a dream“.

Nur wenige Wochen nach der Systems sollen die ersten Quam-Shops „in 1a Lage“ eröffnet werden. Man spricht vom Marienplatz in München und von der Shadow-Straße in Düsseldorf. Zudem sollen die Läden wirklich groß werden und die Kunden sich wohl fühlen. Ob sie auch was kaufen sollen?

3. Akt:
Einen Monat nach der Systems im Oktober 2001 – startet die große PR-Maschine von Quam. Kaum ein Spielfilm wird nicht durch die „Ich habe einen Quam“-Werbung mit Kids unterbrochen. Die Kampage kostet nach Schätzungen von Agenturen bis zu 51 Millionen Euro. Der Name ist in aller Munde und die Kunden sind interessiert.

4. Akt:
Für die ersten Quam-Kunden gibt es ein böses Erwachen. Da T-Mobile und Vodafone ihre Netze noch nicht „Quam-tauglich“ gemacht haben, kann man aus diesen Netzen nicht direkt ins Quam-Netz anrufen. Der spanisch-finnische Mobilfunker reagiert schnell und ab sofort können sich Kunden über ein „Fräulein vom Amt“ durchstellen lassen. Dabei ist die Vermittlung über eine 0800-Rufnummer erreichbar.

Der Tipp macht die Runde und Kunden kaufen sich günstige Prepaid-Karten von Quam, um kostenlos von Freunden und Kollegen aus den beiden größten Mobilfunknetzen angerufen zu werden. Quam reagiert sauer und schiebt die Schuld auf die beiden großen Mobilfunkanbieter, die ihre Netze nicht rechtzeitig umprogrammiert haben. Diese schieben die Schuld zurück und Quam hat den ersten Gau.

5. Akt:
Handys kaufen ist Ende 2001 eine schwierige Sache: Wer jetzt noch kein Handy hat, soll spätestens unter dem Tannenbaum ein solches vorfinden und die Mobilfunkanbieter überschlagen sich mit Angeboten, um die letzten Fische aus dem Teich zu holen. Nur in den Quam-Filialen ist es angenehm ruhig und der Verkaufsdruck scheint niedrig. Im

ZDNet.de Redaktion

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