Spam-Attacken gefährden PGP-Infrastruktur

Unbekannte haben mit Spam-Attacken auf Keyserver das Vertrauen in die grundlegende Infrastruktur von PGP (Pretty Good Privacy) erschüttert, das oft für verschlüsselte E-Mail-Kommunikation genutzt wird. Es gelang ihnen damit, Installationen und Clients unbrauchbar zu machen. Das stellt infrage, wie praktikabel diese Ende-zu-Ende-Verschlüsselung künftig noch ist, die auf dem Public-Key-Verfahren mit einem öffentlichen und privaten geheimen Schlüssel als Schlüsselpaar basiert.

Die Angriffe trafen gezielt zwei engagierte Mitwirkende der PGP-Community, Daniel Kahn Gillmor und Robert J. Hansen. Beide berichten darüber in ausführlichen Blogeinträgen und erklären den technischen Hintergrund. Sie sind äußerst wütend und beschreiben eine desolate Situation, in der es keine einfache Lösung gibt.

Möglich sind die Attacken nicht durch einen Bug, der vielleicht mehr oder weniger leicht zu beheben wäre. Das Problem entstand vielmehr mit dem ursprünglichen Entwicklungsziel von PGP, das etwa politische Dissidenten vor jeglicher Überwachung durch Regierungen schützen sollte. Deshalb wurde das SKS-Netzwerk (Synchronizing Key Server) geschaffen, das gegen jede behördlichen Zugriffe immun sein sollte. In den frühen 1990ern wurde entschieden, dass auf den Schlüsselservern Informationen über bestehende Zertifikate zwar von jedermann hinzugefügt – aber ein Zertifikat oder Informationen über ein Zertifikat niemals gelöscht werden konnten.

Dieses Prinzip ermöglicht den Angreifern nun, mit einer gewaltigen Flut von Signaturen die Zertifikate zu „vergiften“, wie es Hansen nennt. Es ist dann auch nicht möglich, die vergifteten Zertifikate aus dem Keyserver-Netz zu entfernen. Wer ein solches Zertifikat etwa in eine OpenPGP-Installation zu importieren versuche, mache diese wahrscheinlich unbrauchbar und könnte sie nur schwer wiederherstellen. Mit weiteren Angriffen sei zu rechnen, da sie sehr einfach durchzuführen sind.

Das zugrundeliegende Problem ist eigentlich schon länger bekannt, aber auch nicht einfach zu beheben. Wie von Anfang an gewollt, gibt es keine zentrale Autorität im Keyserver-Netz. Zum anderen wurde die Keyserver-Software im Rahmen einer Dissertation und in einer selten benutzten Programmiersprache geschrieben. Es gibt daher heute niemanden, der sich eine ernsthafte Überarbeitung der Codebasis zutraut.

Hansen glaubt nicht, dass das weltweite Keyserver-Netz zu retten ist. „Einem hohen Risiko ausgesetzte Nutzer sollten sofort aufhören, das Keyserver-Netzwerk zu benutzen“, rät er. Hoffnung setzt er ebenso wie Gillmor in den experimentellen Keyserver keys.openpgp.org. Dieser hat zwar einige Einschränkungen, gehört aber nicht zum Keyserver-Netzwerk und verfügt über Features, die ihn resistent gegen die aktuellen Spam-Angriffe machen.

ZDNet.de Redaktion

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