BBC: Apple versagt beim Schutz von Arbeitern chinesischer Zulieferer

BBC-Reporter haben verdeckt ermittelt und werfen Apple vor, dass es seine Zusagen nicht einhält, chinesische Arbeiter bei Auftragsherstellern besser zu schützen. Für das investigative Magazin BBC Panorama filmten sie heimlich eine iPhone-Fertigungsstraße beim Auftragsfertiger Pegatron. Ihr hartes Resümee lautet, dass der iPhone-Hersteller laufend seine Versprechen bricht.

Die vorgegebenen Standards für Arbeitszeiten, Ausweiskontrollen, Schlafsäle, Arbeitsbesprechungen und minderjährige Arbeiter wurden demnach nicht eingehalten. Die Dokumentation zeigt Arbeiter, die während ihrer 12-stündigen Schichten in Pegatrons Werken in den Außenbezirken von Shanghai vor Erschöpfung eingeschlafen sind. Ein Undercover-Reporter in einer Fabrik, die Teile für Apples Computer herstellt, berichtete von erzwungenen 18 Arbeitstagen am Stück, obwohl er wiederholt um einen freien Tag bat.

Pegatron-Werk in Shanghai (Bild: Jay Greene/CNET)

„Jedes Mal, wenn ich zurück in den Schlafsaal kam, wollte ich mich überhaupt nicht mehr bewegen“, berichtete ein anderer Reporter, dessen längste Schicht 16 Stunden dauerte. „Selbst wenn ich hungrig war, konnte ich nicht mehr aufstehen, um zu essen. Ich wollte nur noch daliegen und mich ausruhen. Nachts konnte ich durch den Stress nicht einmal mehr schlafen.“

Obwohl Überstunden freiwillig sein sollen, wurde den Undercover-Berichterstattern keine Wahl gelassen. Darüber hinaus mussten sie an unbezahlten Versammlungen vor und nach der Arbeit teilnehmen. Ein anderer Reporter wurde in einem Schlafsaal untergebracht, in dem zwölf Arbeiter auf engstem Raum zusammengepfercht wurden.

Ein weiteres Team des britischen Senders reiste nach Indonesien, um die Herkunft des in Apple-Produkten eingesetzten Schwermetalls Zinn zu klären. Sie stießen auf klare Hinweise, dass Zinn aus illegalem und lebensgefährlichem Abbau in Apples Lieferkette landet. Dabei fanden sie sogar Kinder, die in bedrohlichen Situationen mit bloßen Händen an Zinnerz zu kommen versuchten – in einer hochgiftigen Schlammgrube und von einem möglichen Bergrutsch bedroht. Bilder aus der Dokumentation finden sich bei Business Insider.

Apple lehnte Interviews für die Sendung ab. „Wir kennen kein anderes Unternehmen, das so viel wie Apple unternimmt, um faire und sichere Arbeitsbedingungen zu garantieren“, erklärte es aber in einer Stellungnahme. „Wir arbeiten mit Lieferanten zusammen, um Defizite anzugehen. Wir beobachten laufende und wesentliche Verbesserungen, aber wir wissen, dass unsere Arbeit nie abgeschlossen ist.“

Noch pointierter artikulierte sich der iPhone-Hersteller in einer internen E-Mail, die an 5000 Mitarbeiter in Großbritannien verschickt und dem Telegraph bekannt wurde. Apple-CEO Tim Cook sei „tief verletzt“ durch die neuen Anschuldigungen, heißt es in der Mail, als deren Verfasser Senior Vice President Jeff Williams zeichnet. „Tim und ich sind tief verletzt durch die Unterstellung, dass Apple ein Versprechen an die Arbeiter in unserer Lieferkette brechen oder unsere Kunden in jedwelcher Art täuschen würde“, schreibt er. Apple habe rechtzeitig „Tatsachen und Perspektiven“ über sein Engagement mitgeteilt, aber sie „fehlten eindeutig in ihrem Bericht“.

Williams räumte ein, dass Zinn aus illegalen indonesischen Minen seinen Weg in die Produkte des iPhone-Herstellers findet. Apple mache es sich aber nicht einfach und verzichte ganz auf Zinn aus diesem Inselstaat, weil das ein „bequemer und feiger Weg“ sei. Es habe sich „für den zweiten Weg entschieden“ und wolle zusammen mit anderen Technikfirmen versuchen, die indonesischen Zinnschmelzereien in die Verantwortung zu nehmen.

[mit Material von Adrian Kingsley-Hughes, ZDNet.com]

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ZDNet.de Redaktion

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