Cloud Computing zwischen Wunschdenken und Realität

Laut der im Vorfeld der CeBIT durchgeführten PwC-Umfrage im Mittelstand versprechen sich von den 12 Prozent aller Befragten, die Cloud Computing einführen wollen, vier Fünftel von dem Schritt Kosteneinsparungen. Ein nahezu ebenso wichtiges Motiv ist, dass Mitarbeiter mit Cloud Computing zu jeder Zeit und von jedem Ort auf Firmendaten zugreifen können.

Diese Erwartungen sind gemessen an den Erfahrungen, die Nutzer von Cloud-Services gemacht haben, weitgehend realistisch: Die Auslagerung von IT-Services ins Internet brachte bei 76 Prozent der Befragten Kostensenkungen, den ortsunabhängigen Datenzugriff nutzen 66 Prozent.

Eine deutliche Diskrepanz zeigt sich allerdings bei der Bewertung der Flexibilität der Dienstleistung. So glauben rund 70 Prozent der Nicht-Nutzer, dass sich Cloud-Services einfacher und schneller an veränderte Organisationsprozesse oder Geschäftsmodelle anpassen lassen als eine im Unternehmen vorgehaltene IT-Infrastruktur. Diese Einschätzung teilen jedoch nur 46 Prozent der Nutzer von Cloud Computing.

Kostensenkung wird überschäftzt

Für Experton-Analyst Zilch hat Cloud Computing drei Vorteile: Es spart Prozesskosten, steigert die Qualität und erhöht die Flexibilität. „Letzteres ist der Hauptvorteil der Cloud, der sich in einer schnelleren Time-to-Market bemerkbar macht.“ IT-Kosten würden trotz gegenteiliger Beteuerungen der Anbieter auch künftig wachsen. Das sei jedoch nicht weiter schlimm: Cloud Computing solle nicht in erster Linie zur Kosteneinsparung zum Zuge kommen, sondern vielmehr als Mittel verstanden werden, um die Prozesskosten, genauer gesagt, die Prozess-Stückkosten, zu senken.

Mario Hoffmann, Forschungsbereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT, sieht das ähnlich. Seiner Ansicht nach wird Cloud Computing vom Management in Firmen oft aus Kostengründen gefordert. Allerdings erweise sich die Umsetzung dann vielfach doch schwieriger, als erwartet. Für ihn bietet die Cloud derzeit daher vor allem für Start-ups und kleine Firmen gute Chancen: Sie könnten loslegen, ohne auf Altlasten Rücksicht nehmen zu müssen.

„Im Mittelstand sind die Vorbehalte gegenüber Cloud Computing ausgesprochen groß. Viele wissen gar nicht, welche Möglichkeiten Cloud Computing bietet. Die Aussicht auf Kostenvorteile allein wird nicht reichen, um die Zielgruppe zur Umstellung auf die neue Technologie zu bewegen. Serviceanbieter müssen vielmehr ein überzeugendes und für die Kunden auch nachvollziehbares Sicherheitskonzept vorlegen“, so Markus Vehlow, Experte für Cloud Computing bei PwC.

Erfolgreiches Cloud Computing setzt Umdenken voraus

Dieter Schramm, Head of Infrastructure Consulting Central Europe bei Dell, gibt ebenfalls die hohe Komplexität bestehender IT-Infrastrukturen in Firmen zu bedenken. Die Nutzung von Cloud Computing setze einen Wechsel der Methodik voraus, der vergleichbar mit der Einführung eines ERP-Systems sei. Als allererster müssten die Firmen die interne Standardisierung ihrer IT angehen. Erst wenn sie diese Aufgabe sauber bewältigt hätten, könnten sie entscheiden, ob sie künftig zusätzlich benötigte Ressourcen selber bereitstellen oder zukaufen wollen.

Zudem gelte es, strukturierte Entscheidungswege für den Cloud-Computing-Einsatz im Unternehmen zu entwickeln. „Bisher formulierte die Fachabteilung vielfach die Anforderungen und die IT-Abteilung setzte diese um. Das führt aber zu einem Zoo an Lösungen – und zu der schon angesprochenen, allmählich immer schwerer beherrschbar werdenden Komplexität.“

Nach Erfahrungen von Fraunhofer-Experte Hoffmann wird die Idee des Cloud Computing in Unternehmen unterschiedlich aufgenommen: Informatiker bleiben eher nüchtern. Ihnen sind die Technologien hinter Cloud Computing längst bekannt. Leuchtende Augen gebe es dagegen bei den Wirtschaftsinformatikern. Diese richteten den Blick auf Geschäftsmodelle, die Cloud Computing erst ermögliche. „Wenn man eine gute Geschäftsidee hat, kann man ‚praktisch an einem Wochenende loslegen‘ und sich die benötigten Services online zusammenstellen.“

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ZDNet.de Redaktion

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