Guardian: Online-Times hat durch Bezahlmodell 90 Prozent der Leser verloren

Die Online-Ausgabe der Londoner Times soll durch die Umstellung auf Bezahlinhalte fast 90 Prozent ihrer Leser verloren haben. Dies hat das Konkurrenzblatt Guardian errechnet. Ab 15. Juni konnten sich Times-Online-Leser für die Bezahlausgabe registrieren, seit 2. Juli wird kein Artikel mehr ohne pauschale Bezahlung ausgeliefert.

Die Zeitung gibt keine Nutzerzahlen mehr bekannt. Die letzten verfügbaren Zahlen waren 1,2 Millionen Unique User im Februar laut ABCe. Zudem hat Experian Hitwise gemessen, dass die Times damals 15 Prozent des Traffics von Online-Zeitungsangeboten erzeugte, jetzt aber nur noch 4,16 Prozent. Experian kommt daher auf gute 70 Prozent Leserschwund.

Der Guardian dagegen berechnet, wie viele Leser sich für einen Zugang registriert haben dürften, solange dies noch gratis war: 150.000 laut einem früheren Times-Medienredakteur. Lediglich 15.000 bezahlen laut Guardian für den Zugriff. Außerdem versucht das Konkurrenzblatt, Zugriffe auf die automatisch erscheinende Registrierungsseite „Times Plus“ von Zugriffen auf tatsächliche Artikel, die nur Mitglieder sehen, zu trennen.

Der Guardian räumt ein, dass die Times schon vorab von einem Rückgang in exakt dieser Größenordnung ausgegangen war. Die wichtigste Frage ist nun, wie viel Umsatz diese Leser generieren. Der Inhaber der Times-Mutter News International, Rupert Murdoch, war von „signifikantem Umsatz“ ausgegangen, der andere Verlage dazu bewegen werde, sich der Umstellung auf Bezahlinhalte anzuschließen. Die Höhe hängt außer von der Zahl der Nutzer auch vom gewählten Abomodell ab: Zugriff für einen Tag kostet ein Pfund, für ein sich verlängerndes Wochenabo zahlt man zwei Pfund. Wenn die Zahl von 15.000 Abonnenten also korrekt ist und diese pro Woche zwei Pfund zahlen, würde sich das auf jährlich 1,4 Millionen Pfund (etwa 1,7 Millionen Euro) summieren.

Vorläufig weisen die Bilanzen von News International für Times und Sunday Times noch einen täglichen Verlust von 240.000 Pfund im Monat Juni aus. Zwischen Online- und Print-Ausgabe unterscheidet der Verlag bei dieser Summe allerdings nicht, sondern summiert die Beträge.


Ohne Abonnement liefert die Online-Times seit Anfang Juli keinen einzigen Artikel mehr aus (Screenshot: ZDNet).

ZDNet.de Redaktion

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