Online-Plattform entlarvt böse Nachbarn

In Deutschland, Österreich und der Schweiz loggen sich zunehmend mehr Menschen auf der US-Online-Plattform Rottenneighbor.com ein, um über die Verhältnisse in der eigenen Nachbarschaft zu berichten. Die Idee des Webportals: Nutzer sollen sich vor einem Umzug über die Bedingungen in der zukünftigen Wohngegend informieren können.

Mitglieder der Rottenneighbor-Community setzen hierfür bestimmte Markierungen auf die entsprechenden Orte einer Google-Maps-Satellitendarstellung. Die Farbe des Markers gibt darüber Aufschluss, ob ein potenzieller Nachbar sich als solcher gut verhält oder nicht. Ein rotes Haus steht beispielsweise für einen bösen Nachbarn, Interessenten sollten diese Wohngegend folglich eher meiden. Bei einem Klick auf das Symbol erhält der Nutzer zudem nähere Informationen zu den Gründen der Bewertung. Die Absicht des aus den USA stammenden Betreibers ist es nach eigenen Angaben, das wachsende Sicherheitsbedürfnis der Menschen auch am Immobilienmarkt zu befriedigen.

„Das Angebot ist moralisch und rechtlich sehr bedenklich“, sagt Hans Zeger, Obmann des Vereins für Datenschutz Arge Daten. „Sofern sich die auf der Seite veröffentlichten Kommentare auf eindeutig bestimmbare Personen beziehen, ist der Dienst etwa nach geltendem österreichischen Recht illegal“, stellt Zeger fest. Da der verantwortliche Betreiber aber aus den USA stamme, sei eine rechtliche Verfolgung äußerst schwierig.

„Ein solches Angebot wäre in Deutschland sicher rechtlich problematisch. Nicht nur, dass es hier um Beleidigungen und Verleumdungen geht. Auch der Wert bestimmter Immobilien könnte durch diese Internetseite deutlich sinken“, stellt auch Verena Eckert, Rechtsexpertin der IT-Recht-Kanzlei fest. Die betroffenen Personen, Geschäftsleute und Hausbesitzer würden sicher prüfen, ob sie Schadenersatzansprüche geltend machen können, und durch die Vorlage geeigneter Beweise dürfte ihnen das auch gelingen, so Eckert.

Das Bild, das sich gegenwärtig auf Rottenneighbor.com zeigt, ist einseitig. So finden sich etwa im Großraum Berlin mittlerweile über 20 Markierungen. Nur wenige davon sind grüne Häuschen, die große Mehrheit kennzeichnet böse Nachbarn. Laut einer Eintragung würden etwa in der geschichtsträchtigen Wilhelmstraße Personen mit „asozialem Verhalten“ verkehren, die „den Abend bis zum Sonnenaufgang mit viel Qualm und Lärm ausklingen lassen“. Auch in Zürich und Wien finden sich ähnliche negative Einträge.

Nach Beschwerden von Menschen, die sich zu Unrecht attackiert fühlten, musste der Site-Betreiber nachträglich eine Möglichkeit einfügen, durch die ein Posting auch wieder entfernt werden kann. Um einen Eintrag zu löschen, müssen mehrere Nutzer auf den Button „flag for removal“ klicken.

ZDNet.de Redaktion

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