Britischer Internetprovider will Webinhalte kontrollieren

Das britische Telekommunikationsunternehmen Virgin Media wird sich als nach eigenem Verständnis erster Internetprovider aktiv am Kampf gegen Piraterie im Internet beteiligen. Wie die Online-Ausgabe des Telegraph berichtet, hat das Unternehmen kürzlich zugestimmt, im Rahmen eines Testprojekts alle im eigenen Angebot befindlichen Webinhalte auf illegale Kopien von Musik und anderen Medien zu scannen.

Nachweislich ertappte Internetpiraten werden den Projektrichtlinien zufolge bei einer erstmaligen Verfehlung zunächst nur per Brief verwarnt. Ertappt Virgin einen User aber zum zweiten Mal, droht ihm eine zeitweise Sperrung seines Internetzugangs. Nach dem dritten Vergehens sperrt der Provider endgültig den Zugang zum Netz.

Als Gründe für den Schritt nennt Virgin Media vor allem den zunehmenden Druck von Seiten der Musikindustrie und der britischen Regierung, ein freiwilliges Anti-Piraterie-System für Internetprovider einzuführen. Die Politik hatte zuletzt des Öfteren damit gedroht, die Providergesellschaften per Gesetz zur Kontrolle und Filterung der angebotenen Webinhalte zu verpflichten.

„Wir haben mit den rechteinhabenden Organisationen lange darüber diskutiert, wie ein brauchbares freiwilliges Modell aussehen könnte“, teilte Virgin Media mit. Nach über zwei Jahren harter Verhandlungen mit den Musiklabels sei ein vernünftiges, einheitliches System jedoch noch immer nicht in Sichtweite. „Wir nehmen das Piraterieproblem sehr ernst, würden aber eine sensiblere, freiwillige Lösung vorziehen.“

Auch in Deutschland hat die Musikindustrie erst kürzlich wieder ihre Forderung bekräftigt, dass Internetprovider beim Schutz geistigen Eigentums in der digitalen Welt stärker eingebunden werden müssten. Während die Anbieter von Internetzugängen von der Musik- und Filmindustrie profitierten, entzögen sie sich im Kampf gegen die Internetpiraterie der Verantwortung, so der Vorwurf.

Die Providergesellschaften kontern mit dem Argument, dass sie für Webinhalte von Drittanbietern nicht selbst verantwortlich seien. „Es muss in dieser Frage klar zwischen Access- und Host-Providern unterschieden werden. Letztgenannte haben datenschutzrechtlich gar keine Möglichkeit, konkrete Webinhalte einzusehen, da sie lediglich eine Durchleitungsaufgabe wahrnehmen“, sagt Kurt Einzinger, Präsident des europäischen Verbandes der Internet Service Provider (Euro-ISPA). Der aktuelle Vorstoß von Virgin Media sei jedenfalls nicht als Zeichen eines generellen Umdenkens innerhalb der Providergesellschaften zu werten. „Auf europäischer Ebene ist in dieser Frage derzeit keine Kursänderung in Sicht.“

ZDNet.de Redaktion

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