Streitpunkt Software-Patente: Sind Microsofts Ansprüche berechtig?

Es ist ein großer Unterschied, ob man öffentlich der Patentverletzung bezichtigt oder von einem Zivilgericht tatsächlich deswegen verurteilt wird. Ein kürzlich ergangenes Urteil des Obersten Gerichtshofs dürfte dafür sorgen, dass diese Kluft noch breiter wird.

In einer im April einstimmig herbeigeführten Entscheidung versuchte das Gericht, strengere Maßstäbe anzulegen, um Patenten für offensichtliche Technologien das Wasser abzugraben. „Die Gewährung eines Patentschutzes für Fortschritte, die im normalen Verlauf der Fortentwicklung sowieso gemacht worden wären, ohne wirkliche Innovationen, bremst den Fortschritt und kann – im Fall von Patenten, die bereits bekannte Elemente kombinieren – frühere Erfindungen ihres Wertes oder Nutzens berauben“, legte das Gericht in seiner Urteilsbegründung dar. Diese Entscheidung dürfte es leichter machen, die Gültigkeit von Patenten anzufechten, beziehungsweise schwieriger, solche überhaupt gewährt zu bekommen.

Microsoft ist überzeugt, dass seine Patente Bestand haben werden. „Unser Patentportfolio wird hinsichtlich der Patentqualität und der wissenschaftlichen Fundierung sehr hoch eingeschätzt“, behauptet das Unternehmen und verweist auf seinen zweiten Platz im Ranking von Computerfirmen durch das Patent Board, ein Unternehmen, das Patente analysiert.

Die Entscheidung des Gerichts war Wasser auf die Mühlen aller, die die Qualität von Softwarepatenten generell in Frage stellen. Die Qualität von Patenten so zu verbessern, dass patentierte Technologien „wirklich neuartig, wirklich nicht offensichtlich und wirklich nützlich“ sind, ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Patentreform der CCIA.

Mike Dillon, oberster Jurist bei Sun Microsystems, berichtet, dass sein Unternehmen im April „von zwei neuen Troll-Fällen in Sachen Patente“ betroffen war. Man sei aber vorsichtig optimistisch, was die Auswirkungen der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes betrifft. Unberechtigte Patentklagen hält er für eine „Steuer auf Innovationen“.

Ähnlich sieht es Dillons Kollege, Sun-CTO Greg Papadopoulos: „Sind Softwarepatente nützlich? Meine Antwort lautet: meistens nicht. Das Urheberrecht scheint in der Regel besser dafür geeignet zu sein, Innovationen optimal zu fördern, während die Inhaber des Copyrights die Möglichkeit haben, eine Kompensation für abgeleitete Werke auszuhandeln.“

Torvalds drückte es drastischer aus: „Die meisten Patente sind Schrott. Sie zu lesen, ist reine Zeitverschwendung. Das sollte man den Patentinhabern überlassen. Die können sich dann auch um die Durchsetzung ihrer Rechte kümmern.“

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ZDNet.de Redaktion

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