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Analysten: PTC-Übernahme Auftakt für weitere Telekom-Zukäufe

Die jüngste Offerte der Deutschen Telekom zur Übernahme des polnischen Mobilfunkmarktführers PTC könnte nach Einschätzung von Analysten der Auftakt für ausgewählte Zukäufe des größten europäischen Telekom-Konzerns sein.

Während Telekom-Finanzchef Karl-Gerhard Eick in der Offerte keinen Startschuss für weitere Akquisitionen sieht, sagten Analysten am Dienstag das Gegenteil voraus. Die Telekom werde ihre Mehrheitsbeteiligungen in Osteuropa aufstocken, um stärker an den Gewinnen der Töchter zu partizipieren, prognostizierten die Beobachter. Im Blickpunkt ständen die Töchter in Kroatien, Ungarn oder der Slowakei. Bislang galten Zukäufe wegen der hohen Verschuldung der Telekom als Tabubruch. Die Telekom erwirtschafte jedoch genügend freie Kapitalmittel um milliardenschwere Übernahmen zu stemmen, ohne ihr Schuldenziel zu gefährden, lautet das Urteil der Investmentbank JP Morgan.

„Es gibt noch keine saubere Zuordnung der osteuropäischen Festnetz- und Mobilfunkbeteiligungen im Telekom-Konzern“, sagte Ralf Hallmann, Analyst der Bankgesellschaft Berlin. Zum Beispiel gehört die 51-prozentige Beteiligung an dem slowakischen Anbieter Slovenske Telekommunikacie einschließlich der Mehrheitsbeteiligung an dem dortigen Mobilfunkanbieter EuroTel zur Festnetzsparte der Telekom. „Mit der vollständigen Übernahme der Anteile könnte die Telekom zugleich die Gewinnausschüttungen an die übrigen Anteilseigner verringern“, sagte Hallmann.

Dieser Wunsch steckt nach Einschätzung von Analysten hinter der Übernahmeofferte für den profitablen polnischen Mobilkfunkanbieter PTC von Montag. Derzeit kontrolliert die Telekom 49 Prozent an PTC und bietet den finanziell klammen Mitgesellschafter Elektrim und Vivendi eine Milliarde Euro in bar zur Übernahme ihrer 51 Prozent. Dadurch könnte die Telekom die Gewinne von PTC voll konsolidieren. Schon seit Jahren bemüht sich die Telekom angesichts des Wachstums des polnischen Mobilfunkmarkts um eine Mehrheit bei PTC. Wegen der Schwäche der Partner war der Zeitpunkt günstig, sagen Analysten.

Aus Sicht der Investmentbank Morgan Stanley hat die Telekom mit dem Übernahmeangebot nicht nur eine Gelegenheit genutzt, sondern folgt einem generellen Trend: „Wir denken, dass dies ein Vorbote für weitere Aktionen ist, da sich in der Branche die Bilanz-Bereinigungen dem Ende zuneigen.“ Zuletzt hatte die Telekom vor zwei Jahren in den USA den Mobilfunkanbieter VoiceStream übernommen und in Kroatien ihren Minderheitsanteil an dem dortigen Telekomanbieter auf eine Mehrheit aufgestockt.

Auch JP Morgan rechnet damit, dass die Telekom eine „Vodafone-Strategie“ verfolgt. Vodafone, der größte europäische Mobilfunkkonzern, erhöhte seine Anteile an Töchtern in Schweden, Niederlande und Portugal durch Angebote an die Minderheitsaktionäre. JP Morgan-Analyst Christopher Wood hält eine Expansion der Telekom in Osteuropa für eine „realistische Option“. In seiner jüngsten Telekom-Studie schreibt er: „Da die Telekom ihre Beteiligungen (in Osteuropa) bereits konsolidiert, steckt hinter dem Kauf von Minderheitsanteilen der Wunsch, einen größeren Anteil der Cash-Positionen zu kontrollieren.“ Selbst die Übernahme der vermögenden Internet-Tochter T-Onlinebezieht Analyst Wood in diese Überlegungen ein.

Bei der Telekom wird die PTC-Offerte als Einzelfall deklariert. Doch der bislang auf der Kostenbremse stehende Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke schloss zuletzt Akquisitionen nicht mehr generell aus: „Akquisitionen sind nichts schlechtes, sie müssen aber wertsteigernd sein“, sagte er vor zwei Wochen.

Ricke, Nachfolger des kauflustigen Ron Sommer an der Telekom-Spitze, wandelt auf einem schmalen Grad – zwischen Bilanz-Gesundung und Schuldenabbau auf der einen Seite und der Suche nach dem Potenzial für künftiges Wachstum auf der anderen Seite. Die PTC-Übernahme belegt, dass sich die Telekom wieder traut, Zukäufe anzukündigen. Denn die bedrohliche Verschuldung wurde um rund 18 Milliarden Euro binnen zwei Jahren auf 53 Milliarden Euro gesenkt. Marschrichtung ist nun der Abbau der Verschuldung in Richtung 40 Milliarden Euro.

ZDNet.de Redaktion

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