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Erzwingt Open-Source einen grundlegenden Wandel im IT-Bereich?

In seiner Untersuchung des nächsten großen Software-Wandels lenkte mein Kollege Dan Farber die Aufmerksamkeit auf Microsofts auf Dienstleistung basierenden Ausflug in den Bereich des Customer Relationship Managements. Online-Gaming-Dienste wie XBox Live und Finanzdienste wie MSN MoneyCentral sind weitere Beispiele für Microsofts Diversifikation in den Bereich der Dienstleistungen. Es scheint, als läge, sowohl für die Verkäufer als auch für die IT-Manager die Zukunft im Dienstleistungssektor.

Wie ich bereits angesprochen habe, ist auch die Hardware ein interessanter Zufluchtsort in dieser neuen Welt. Hardware gibt es nicht im Open-Source-Format. Durch Outsourcing ihrer Anwendungen können IT-Manager dem Kauf von Hardware aus dem Weg gehen, aber irgendwo muss jemand die Hardware kaufen, auf der die Software läuft.

Die Frage für IT-Manager lautet: Welche Anbieter sind in einer Position, die ein langfristiges Überleben auf einem Markt erlaubt, auf dem die Verdienstmargen auf Hardware manchmal hauchdünn sind? Auch hier ist IBM gut positioniert, denn das Unternehmen kann Hardware und Dienstleistungen so kombinieren, dass es einen Verlust bei der Hardware wegstecken kann, der von den Dienstleistungen mehr als ausgeglichen wird. Mit seiner Erfahrung im Consulting-Bereich ist auch HP in einer guten Position für ein solches Geschäftsmodell. Auch reine Hardwarefirmen wie Dell und Intel können in diesem Bereich erfolgreich sein.

Selbst in einer Zeit, in der andere Hardwarefirmen leiden, meldet Dell immer noch Gewinne. Das Unternehmen ist schrittweise in das 350 Mrd. US$ schwere Geschäft der professionellen Dienstleistungen vorgestoßen, das jetzt Dells am schnellsten wachsender Geschäftsbereich ist und die höchsten Gewinnmargen hat.

Ganz egal, was mit der Struktur der Branche geschieht, die einzige Firma, der es quasi garantiert gut gehen wird, ist Intel. Egal, ob man nun auf lizenzierte Software setzt oder auf Dienstleistungen, egal für welchen Anwendungsserver man sich auch entscheidet oder welches Betriebssystem darauf laufen wird: Die meisten Wege führen zu Intel. Gewinnt Java, gewinnt auch Intel. Gewinnt .Net, gewinnt auch Intel. Gewinnt Windows, gewinnt auch Intel. Gewinnt Linux, gewinnt auch Intel.

Die einzige Marktveränderung, die Intel aus der Spur werfen könnte, wäre die, wenn AMD Intel an der 64-bit-Front übertrumpfen könnte. Während es zwischen den 32-bit-Angeboten der jeweiligen Firmen eine recht große Kompatibilität gibt, kann man das von der Kompatibilität an der 64-bit-Front nicht behaupten, wo AMDs Opteron hofft, Intels Titanium die Stirn bieten zu können. Egal, welches Unternehmen den Sieg davonträgt, gesichert wird dieser Sieg – man ahnt es schon – durch das Patent-Portfolio. Zum großen Maße ist die legale Existenz von Intel-Klonen das Ergebnis von alten „Cross-Licensing“-Verträgen, die Intel nicht rückgängig machen konnte und die der Existenz dieser Klone den Weg geebnet haben. Geht man davon aus, dass die zueinander inkompatiblen 64-bit-Befehlssätze von Intel und AMD für beide Unternehmen einen ganz neuen Anfang bedeuten, ist es eher unwahrscheinlich, dass alte Cross-Licensing-Verträge den eisernen Griff zu lockern vermögen, mit dem die Unternehmen ihre Patente umklammert halten.

Weitere Konkurrenz an der Hardwarefront steht Intel in Form von zwei der wichtigsten Lieferanten von Nicht-Intel-Betriebssystemen ins Haus: von IBM und Sun. Während sich HP für seine wichtigsten Betriebssysteme (HP-UX und OpenVMS) bereits einer Intel-Strategie verschrieben hat, wird Sun seine Version von Unix (Solaris) auch weiterhin auf SPARC-Hardware ausliefern. Allerdings wird Sun Solaris und Linux auch auf Intel- (oder Intel-kompatibler) Hardware ausliefern. In der Zwischenzeit investiert IBM, das eine große Menge Intel-basierter Hardware verkauft, weiterhin in PowerPC, den hinter seinen eigenen Nicht-Intel-Systemen stehenden Mikroprozessor. Und wieder zu Intels Vorteil hat Steve Mills, IBM Software Group Senior Vice President, kürzlich bekannt gegeben, dass Linux der wahrscheinlichere Nachfolger von IBMs Unix-Version (AIX) sein wird, welches momentan nur auf PowerPC-Hardware läuft. Linux läuft auf Intel. AIX aber nicht.

Sollte lizenzierte Software für den Massenmarkt eines Tages der Vergangenheit angehören, ist jetzt die Zeit gekommen, sich Gedanken über die möglichen Auswirkungen einer solchen Entwicklung zu machen. Das geht von der Karriere über die IT-Strategien bis hin zu den momentan bestehenden Geschäftsbeziehungen mit Lösungsanbietern. Wenn sich die Branche letztendlich darauf einstellen sollte (zugegebenermaßen ein großes Wenn), könnte es eine Weile dauern, bis sich alles wieder einpendelt, denn viele Softwarefirmen werden sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, in die neue Weltordnung hineingezogen zu werden. Früher oder später werden sie sich aber trotzdem darauf einstellen müssen.

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ZDNet.de Redaktion

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