Der Nutzen von SDN und NFV für Unternehmen

In Zukunft werden Netzwerke vor allem auf zwei Technologien basieren: SDN (Software Defined Networking) und NFV (Network Function Virtualization). Beide Begriffe beziehen sich auf den Einsatz virtualisierter Netzwerkintelligenz, was die Bedeutung proprietärer Netzwerkhardware dramatisch verringert.

Hier soll nicht die Technologie, sondern der Anwendernutzen der beiden Technologien im Mittelpunkt stehen. Er besteht grundsätzlich in geringeren Kosten, mehr Agilität und Flexibilität. Außerdem harmonieren NFV und SDN besonders gut mit wichtigen IT-basierenden Zukunftstechnologien, die die Basis des wirtschaftlichen Erfolgs der nächsten Jahrzehnte bilden. Besonders groß sind die Nutzeffekte häufig, wenn Unternehmen auf den Betrieb einer eigenen Netzwerkinfrastruktur ganz oder nahezu vollständig verzichten und die nötigen Verbindungen anmieten.

Kostenvorteile

Bisherige Netzwerkinfrastrukturen waren wegen der vielen unterschiedlichen, darin verbauten Geräte arbeits- und kostenintensiv. Für jeden Gerätetyp fielen Beschaffungs-, Wartungs-, Support-, Schulungs- und Betriebskosten an, Administratoren mussten viele unterschiedliche Plattformen beherrschen, und mit jeder neuen Netzwerkfunktion wurde es eine mehr.

Diese Situation ändert sich mit NFV und SDN: Die gesamte Netzwerkintelligenz steht virtualisiert auf einer übergeordneten Ebene des Netzes als Software bereit. Sie steuert von den Anwendern kontrolliert die gesamte Infrastruktur automatisch. Die oben angesprochenen Kostenblöcke entfallen. Werden statt eines eigenen Netzes die Netzverbindungen und dazugehörigen Services vom Provider angemietet, schlagen statt kapitalintensiver Hard- und Softwarekosten nur noch die nutzungsbezogenen Kosten der Verbindungen und Services zu Buche. Das gesparte Geld kann in wertschöpfende Aktivitäten fließen. Mitarbeiter haben endlich wieder Zeit für Innovationen, statt sich mit Routineaufgaben wie Updates oder Fehlerbeseitigung herumzuschlagen.

Agilität und Flexibilität

Wird veraltete Netzwerktechnologie eingesetzt, dauert es auch heute häufig noch Wochen, bis eine Verbindung der gewünschten Qualität steht. In einer digitalen Wirtschaft, die auf Cloud-Nutzung basiert und in der sich Unternehmensstrukturen und Geschäftsprozesse ständig ändern, in der neue Partner oder Dienstleister weltweit hinzukommen oder wegfallen und Unternehmensteile ge- oder verkauft werden, ist das nicht mehr akzeptabel. Mit SDN und NFV stehen die gewünschten Verbindungen innerhalb Minuten mit den gewünschten Eigenschaften und in der nötigen Bandbreite zur Verfügung – nur so lange, wie sie auch gebraucht werden und unter Kontrolle der Anwender. Entfällt der Bedarf, lassen sich Verbindungen sofort lösen oder beim Provider abbestellen. Das schafft die Flexibilität, die digitalisierte Geschäftsmodelle brauchen.

Verringerte Komplexität

Bislang existierten in der Kommunikationswelt eines Unternehmens häufig mehrere unverbundene Säulen: das Telefoniesystem, das an ein von einem Provider bereitgestellte TK-Netz angeschlossen war, das interne LAN oder WLAN und die nach draußen führenden WAN-Verbindungen. Zudem verwenden Endbenutzer inzwischen häufig externe Kommunikationsservices von Cloud-Providern – oft genug an der zentralen IT vorbei, was ein gewichtiges Security- und Compliance-Risiko darstellt.

Transparenz statt Tarif- und Verbindungsdschungel garantieren intelligente Netze mit SDN und NFV, bei denen Anwender das Geschehen jederzeit über Dashboards kontrollieren können (Bild: Colt Technology Services).

Ein sehr bekanntes Beispiel sind Conferencing-Services oder der inzwischen zu Microsoft gehörende Internet-Telefoniedienst Skype. Intelligente Netze mit SDN und NFV setzen eine einheitliche, flexible Plattform mit transparenten Kosten und umfangreichen On-Demand-Services für jeden Kommunikationsbedarf an die Stelle eines Dschungels von Verträgen, Tarifen und unterschiedlichen Verbindungen. Intransparente Infrastruktur-Säulen werden durch ein flexibel nach Bedarf konfigurierbares, über eine einzige Rechnung abrechenbares intelligentes Netz ersetzt. Die gewünschten Dienste lassen sich passgenau und „on-demand“ übers Web bestellen und wieder abbestellen.

Deshalb profitieren auch knifflige Alltagsaufgaben der IT wie der Aufbau und Betrieb virtueller Desktop-Infrastrukturen, bei denen das Desktop-Betriebssystem auf einer virtuellen Maschine im Rechenzentrum läuft, Backups in die Cloud, Disaster Recovery und Software-Updates von SDN-Infrastrukturen mit NFV. Greifen Unternehmen vollständig auf gemietete Verbindungen und Services eines Providers zurück, entfällt zudem die Verantwortung für den Betrieb der Infrastruktur. Die übernimmt der Betreiber, es ist schließlich dessen Kerngeschäft. Das setzt Kräfte frei, die Unternehmen für die Entwicklung und Implementierung ihres digitalen Geschäftsmodells verwenden können.

Unterstützung für neue Technologien und geschäftliche Veränderungen

Rajiv Datta, Chief Technology Officer von Colt Technology Services (Bild: Colt Technology Services)

Die sich herausbildende digitale Wirtschaft fußt auf Technologien wie Cloud-Computing, Internet of Things, autonomer Kommunikation zwischen Maschinen (M2M), automatisierten industriellen Infrastrukturen (Industrie 4.0) und Big Data. Die wenigsten Unternehmen werden die Mittel und das Know-how besitzen, um entsprechende Infrastrukturen ausschließlich Inhouse zu errichten. Vielmehr werden entsprechende Services immer öfter von Cloud-Dienstleistern bezogen, zu denen dann schnell Verbindungen hergestellt oder bei Providerwechsel wieder abgebaut werden müssen, deren Bandbreite variabel sein sollte.

So hat sich der Datenverkehr in die Cloud nach Daten von Cisco in den vergangenen Jahren jährlich verdoppelt und tut es weiterhin. Zudem ist in der digitalen Wirtschaft die gesamte Infrastruktur nicht mehr ausschließlich auf die Zentrale ausgerichtet: Niederlassungen kommunizieren selbständig mit Clouds oder untereinander, auch hierfür brauchen Unternehmen flexible Verbindungen, deren Bandbreite sie möglichst über Selbstbedienungsportale nach ihren momentanen Bedürfnissen anpassen können sollten.

Ein erfolgsträchtiges digitalisiertes Geschäftsmodell zu finden, wird sehr wahrscheinlich über die Weiterexistenz vieler Unternehmen entscheiden. Immerhin prognostiziert IDC, dass ein Drittel der heutigen Marktführer unterschiedlicher Branchen schon 2020 keine Rolle mehr spielen wird, weil diese Unternehmen zu zögerlich an die Digitalisierung herangegangen sind. Das Schicksal der digitalen Verlierer besteht in Insolvenz, Aufkauf oder darin, dass andere sie überrunden, die die Möglichkeiten digitaler Technologie besser verstanden, entschlossener ergriffen und umgesetzt haben. Dabei spielen intelligente Netze eine wichtige Rolle: „On-Demand-Netzwerke werden das Fundament der neuen digitalen Ökonomie“, fasst Rajiv Datta, Chief Technology Officer von Colt Technology Services, das treffend zusammen.

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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